Zwischen ESG-Elan und Definitions-Dilemma

Von Marianne Schoenleber, Family Office Relationship Managerin für die DACH-Region bei Neuberger Berman

Die Themen Nachhaltigkeit und Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG) machen vor Stiftungen nicht halt – im Gegenteil. Nicht selten gibt schon ihr Stiftungszweck vor, im Interesse des gesellschaftlichen Wohls zu handeln. Immer mehr rückt das Thema auch bei der Verwaltung des Stiftungsvermögens in den Vordergrund. Der Druck von Förderern, Spendern und anderen Bezugsgruppen, Stiftungsgelder nachhaltig zu investieren, steigt.

Wo lassen sich aber passende Investment-Vehikel finden? Worauf ist zu achten? Finden Stiftungen Antworten auf diese Fragen, gelingt ihnen in ihren Nachhaltigkeitsbemühungen ein wichtiger Schritt. Werden die Investments dann noch strukturiert und wohlüberlegt umgesetzt, lassen sie sich auch transparent an die Bezugsgruppen vermitteln.

Partner bieten Leitlinien

Bei dem Vorhaben, nachhaltig zu investieren, sind Stiftungen kaum durch den Gesetzesgeber reguliert. Was einerseits Entscheidungsfreiheit bedeutet, bringt andererseits allerdings auch fehlende Leitlinien mit sich. Nachhaltigkeit als breites Feld mit vielfältigen Definitionen und Sichtweisen auf das Thema ist schwer zu fassen. Es ist also Aufgabe der Stiftung, im Investment-Prozess eine Definition und Zielsetzung festzulegen.

Um zu gewährleisten, mit ihren Nachhaltigkeitsbemühungen auf dem richtigen Weg zu sein, müssen sich Stiftungen nach Orientierungshilfen umsehen. Ein Richtungsweiser kann der Leitfaden für Stiftungen des Deutschen Nachhaltigkeitskodexes sein. Er bietet 20 Kriterien mit einhergehenden Checklisten, die bei der Auswahl nachhaltiger Investmentziele unterstützen sollen. Das Instrument hilft vor allem dabei, keine wichtigen Aspekte außer Acht zu lassen. In ähnlicher Weise können auch Nachhaltigkeitssiegel helfen. Entscheidet sich eine Stiftung, sich für ein Siegel zu qualifizieren, so muss sie klare Vorgaben erfüllen, um das Siegel zu erhalten. Das schafft Rahmenbedingungen für den Investmentprozess.

Die potenziell verlässlichste und effizienteste Möglichkeit ist es, sich an einen externen Partner zu wenden, der passende Erfahrung und das erforderliche Wissen mitbringt. Asset Manager setzen sich derzeit intensiv mit den Möglichkeiten nachhaltigen Investierens auseinander und wissen in der Regel gut aus eigener Erfahrung, was zum Ziel führt und was nicht. Sie wissen, wie das Vermögen so angelegt werden kann, dass es echte Wirkung erzeugt und gleichzeitig Rendite verspricht. Sich auf einen solchen Partner zu verlassen, spart oft Zeit und Geld, das andernfalls für mühevolles Einarbeiten in die Materie aufgewandt werden müsste.

Beispiel: Neuberger Berman bringt ESG-Erfahrung mit

Ein Beispiel für einen derartig erfahrenen Partner ist Neuberger Berman. Der unabhängige US-amerikanische Asset Manager verwaltet 418 Milliarden US-Dollar Kundenvermögen (Stand 30. Juni 2022), ist in 25 Ländern vertreten und beschäftigt über 2500 Investmentexperten. Bereits seit 1940 engagiert sich Neuberger Berman für Nachhaltigkeitsthemen und schloss schon damals Unternehmen aus ihrem Anlagehorizont aus, die sich zu wenig für das gesellschaftliche Wohlergehen einsetzten. Dieses Bestreben wurde in den vergangenen Jahrzehnten verfeinert und rückte immer stärker in den Mittelpunkt aller Prozesse.

So ist Neuberger Berman beispielsweise Unterzeichner der Net Zero Asset Managers Initiative und so verpflichtet, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen – für das Unternehmen selbst, aber auch für die getätigten Investments. Darüber hinaus wurde Neuberger Berman in die UN PRI 2020 Leaders Group (Principles of Responsible Investing) aufgenommen. Aufnahmekriterien sind eine solide Governance-Struktur für klimabezogene Fragen, die Beobachtung von Klimarisiken und -chancen, sowie die Integration des Klimarisikos in das Risikomanagement.

In seinen ESG-Bemühungen ist dem Asset Manager vor allem wichtig, in direktem Austausch die Nachhaltigkeitsbemühungen seiner investierten Unternehmen zu fördern und einzufordern. Damit einhergehend veröffentlicht Neuberger Berman im Rahmen seiner NB-Votes Kampagne bereits vor Hauptversammlungen, in denen ESG-relevante Entscheidungen getroffen werden, seine Abstimmungsabsichten. So bezieht der Asset Manager klar Stellung und erhöht den Druck auf die Unternehmen, sich ESG-konform zu verhalten.

Wie ernst es Neuberger Berman meint, zeigt auch die aktuelle ESG-Integrationsstudie des Analysehauses Scope vom Juni 2022. Sie betrachtet, wie weit Asset Manager ESG-Aspekte in ihre Prozesse integriert haben – explizit über die Nachhaltigkeit der Fonds hinaus. Unter den 42 untersuchten großen Fondsgesellschaften liegt Neuberger Berman auf Platz drei. Die Studie bescheinigt dem Asset Manager so „vorbildliches Handeln“.

Struktur und Transparenz führen zum Ziel

Um seine Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, verfolgt Neuberger Berman strukturierte Prozesse, die den gemeinsamen Weg von Investoren und Vermögensverwalter vereinfachen und für Transparenz sorgen. Ein Beispiel dafür ist der Netto-Null-Ausrichtungs-Leitfaden des Asset Managers.

Neuberger Bermans Netto-Null-Ausrichtungs-Leitfaden unterstützt ein strukturiertes, zielgerichtetes Vorgehen für klimabewusste Investments

Zunächst untersucht Neuberger Berman gemeinsam mit der Stiftung, wie das Klima mit den Zielen der Organisation zusammenhängt. Gibt es beispielsweise Konflikte mit dem Stiftungszweck? Oder enthält der Stiftungszweck bereits Klimaschutzaspekte? Darauf aufbauend werden dann, in Absprache mit den Bezugsgruppen der Stiftung, Klima-Intentionen für die Organisation definiert und ein klares Netto-Null-Ziel formuliert.

Diese Vorgaben bestimmen schließlich die Gestaltung der strategischen Vermögensallokation und beeinflussen die Entscheidung, welche Asset-Klassen sich am besten für die Stiftung eignen. Der Prozess ist dann allerdings noch nicht abgeschlossen: Die Investmenttätigkeiten werden genau verfolgt und wichtige Kennzahlen erfasst, die noch innerhalb des ersten Jahres der Zusammenarbeit zu Anpassungen führen können.

Mit ähnlichen Prozessen können Asset Manager wie Neuberger Berman Stiftungen Arbeit und Ressourcen ersparen. Gleichzeitig bietet der strukturierte und leicht nachzuvollziehende Prozess Transparenz für die Bezugsgruppen der Stiftung – die Frage, wie die Stiftung klimabewusstes Investieren verfolgt, lässt sich so leicht beantworten.

Stiftungen sind beim nachhaltigen Investieren nicht allein

Am Beispiel von Neuberger Berman zeigt sich, dass Stiftungen auf ihrem Weg zu einer nachhaltigen Vermögensanlage nicht allein sind. Mit dem richtigen Partner an der Seite gelingt es, ein Konzept zu erstellen, mit dem sich das Stiftungsvermögen ESG-konform sichern und vermehren lässt – individuell angepasst an die jeweilige Organisation. So kann die gesellschaftliche Akzeptanz der Stiftungen gestärkt und das Vertrauen der Bezugsgruppen gesteigert werden – ohne den Stiftungszweck zu vernachlässigen oder den Ewigkeitsgedanken aus dem Auge zu verlieren.