Wirtschaftswachstum, made in Poland

von Gottfried Urban, Vermögensverwaltung Urban & Kollegen, Altötting

Als der Krieg Russlands gegen die Ukraine ausbrach, wurden viele unserer östlichen Nachbarn, aber auch Staaten in Zentralasien vorschnell zu Sorgenkindern erklärt. Zu stark seien die wirtschaftlichen Abhängigkeiten von Russland. Doch das Gegenteil passiert gerade. Die Volkswirtschaften Mittel- und Osteuropas haben sich beim Wirtschaftswachstum auf Spitzenplätze in Europa vorgearbeitet. Polen, Kroatien, Slowenien, Litauen, Ungarn und Rumäninen konnten zwischen 2019 und 2022 die reale Wirtschaftsleistung deutlich stärker steigern als die meisten EU-Staaten. Seit Kriegsbeginn profitieren sie von der beschleunigten Entflechtung des Handels mit Russland und China. 

Deutschland verzeichnet aktuell einen neuen Höchststand im Handel mit den Partnern im Osten Europas (ausgenommen die Kreigsparteien und Belarus),  so der Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft. Der Zusammenschluss aus 350 deutschen Großunternehmen beschäftigt sich im Auftrag der deutschen Wirtschaft mit 29 Ländern in Mittel- und Osteuropa, Südostasien, im Südkaukasus und Zentralasien.

Polen ist noch vor Italien der fünftgrößte Wirtschaftspartner für Deutschland. Tschechien hat Großbritanien überholt und gehört nun zu den Top-Ten Partnern der Bundesrepublik. Auch mit Ungarn hat der Handel deutlich zugenommen, und wegen der Rohstoffvorkommen gewinnt Zentralasien für den Westen stark an Bedeutung.

Polen als Standort besonders gefragt

Jüngst teilte die deutsche Auslandshandelskammer (AHK) in Warschau mit, dass sich die Anfragen interessierter Unternehmen für eine Standortausweitung nach Polen verdoppelt haben. Scheinbar nutzt man das vertrautere Gefilde in der EU und die Nähe zum deutschen Markt. Gefallen finden Firmen an einem relativ großen und gut qualifizierten Arbeitskräftepool. Beispiel: Bosch geht mit seinem Wärmepumpenwerk nach Polen und investiert dort 250 Mio. €. Mercedes Benz will seine E-Transporter in Polen fertigen lassen. Auch wenn man über die politische Richtung der Regierung in Polen in Frage stellen kann, so gibt den Rechtsrahmen letztlich die EU vor.

Im Vergleich zum Rest der Welt zeigen einige Kapitalmärkte in Mittel- und Osteuropa 2023 eine deutliche relative Stärke. Auch wenn die geopolitischen Risiken erhöht bleiben, sind die Märkte fundamental sehr interessant. Dass sich die Rahmenbedingungen verbessert haben, zeigt sich unter anderem daran, dass die Renditeaufschläge z.B. für slowenische und polnische Anleihen gesunken sind.

Kapitalmärkte sind fundamental günstig bewertet

Als Investmentbeispiel für Aktien der Region sei der Index „MSCI Eastern Europe ex Russia“ mit Schwerpunkt Polen genannt. Mit einem einstelligen Kurs-Gewinn-Verhältnis, einer Relation Kurs- zu Buchwert von unter 1 und einer Dividendenrendite über 5 % bekommt man gute Wachstumsperspekten geliefert.

Weil Unternehmen gerade in Polen viel vorhaben, kann man sich auch einen ETF auf den polnischen Index zulegen.  Wer mehr Rumänien, Kroatien oder Zentralasien haben will, schaut sich nach einem aktiv gemanagten Osteuropa ex. Russland-Fonds um.

Die Volkswirtschaften aus Mittel- und Osteuropa (ex. Türkei und Russland) besitzen eine höhere Wachstumsdynamik als viele westliche Länder. Die Bewertungen sind günstig, und es besteht Aufholbedarf. Die Region profitiert davon, dass internationale Unternehmen sich bemühen, Osteuropa zu ihrem neuen Zentrum der Produktion zu entwickeln, aber auch zum Standort für Forschung und Entwicklung, Finanzen und IT.

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