Wie stark sind Stiftungsfonds japanisiert?

Von Tobias Karow
Es heißt ja immer, dass Stiftungsfonds auf die Belange von Stiftungen zugeschnitten sind. Was heißt in diesem Kontext Belange? Natürlich ist erst einmal der Kapitalerhalt wichtig, daneben gilt es aber auch, ordentliche Erträge zu „produzieren“. Die konzeptionelle Schieflage vieler Stiftungsfonds entsteht nun daher, dass sie mit ihren 70 oder gar 80% Rentenanteil wenn überhaupt nur mehr Teil eins der Übung schaffen, der ordentliche Ertrag aber zunehmend leidet. Mit dieser Japanifizierung müssen Stiftungen auf zweierlei Weise umgehen.

Einmal müssen Stiftungen den Einsatzbereich des jeweiligen Stiftungsfonds prüfen, denn ein japanifizierter Stiftungsfonds ist ja ob seines relativ hohen Anleiheanteils durch den Niedrigzins an zwei Stellen verwundbar. Er wird leiden, sobald die Zinsen wieder anziehen sollten, und er liefert nicht mehr so viel ordentliche Erträge wie vor 5 oder 10 Jahren, den zusammengeschmolzenen Kupons sei Dank. Um ein Bild zu gebrauchen: Ein japanifizierter Stiftungsfonds verhält sich wie eine Boje im Wasser, er ist eben Spielball des Zinses. Steigt der Zins, werden fallende Anleihekurse belasten, bleibt der Zins tief, kommt beim Kupon nix mehr rum. Stiftungen haben die Wahl und münzen manchen Stiftungsfonds zum Cashersatzbaustein um.

Tobias Karow ist Gründer und Geschäftsführer von stiftungsmarktplatz.eu und im Stiftungswesen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein seit 10 Jahren aktiv. Er ist Herausgeber der FondsFibel für Stiftungen & NPOs (www.fondsfibel.de), Vorträge hält er vor allem zum Thema ‚Stiftungen und ihr Weg in die digitale Welt‘. Für beide Themen betreibt er den Blog #stiftungenstärken (www.stiftungenstärken.de).


Rausdiversifizieren aus Stiftungsfonds?
Die andere Sichtweise auf einen japanifizierten Stiftungsfonds ist jene auf die Diversifikation. Ein klassischer Stiftungsfonds kann häufig gar nicht anders aufgestellt werden als 70 zu 30 oder 80 zu 20, weil das Konzept nichts Anderes vorgibt. Um wieder ein Bild zu gebrauchen: Er ist wie ein Kajak in der Stromschnelle, in dem der Ruderer ohne Paddel sitzt. Er bzw. das Fondsmanagement kann nur nuanciert reagieren auf sich ändernde Verhältnisse, er kann eben nicht wie Income-Fonds ein breiteres Fundament für ordentliche Erträge schaffen und beispielsweise globaler streuen. Ein zweiter Ausweg für Stiftungen könnte hier sein, auf einen reinrassigen globalen Rentenfonds und einen globalen Aktienfonds, beide ausschüttungsstark und mit klarem ESG-Profil, zu setzen – und beide 50 zu 50 zu mischen. Am Jahresende wird dann immer auf diese Gewichtung „gestellt“.

Japanifizierte Stiftungsfonds, das Wasser und die Schüssel
Findet sich also im Stiftungsportfolio einer dieser japanifizierten Stiftungsfonds, hat eine Stiftung Möglichkeiten zu reagieren. Sie braucht die Japanifizierung ihres Fondsportfolios nicht akzeptieren. Eines jedoch muss sie ziemlich sicher machen: den Anlagehorizont weiten und sich vom Kalenderjahr verabschieden. Natürlich wird die Jahresrechnung immer noch gemacht, aber sie kann nur eine Episode in einer Zehn-Jahres-Rechnung sein. Legen Stiftungsverantwortliche diesen Maßstab an, sind japanifizierte Stiftungsfonds schnell die schlechteste aller möglichen Alternativen von stiftungsgeeigneten Fonds. Oder wie sagt der Japaner: Verschüttetes Wasser kehrt nicht in die Schüssel zurück.