Was ist dran an „Sell in May“?
Von Markus Richert, Finanzplaner bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln
Es ist vermutlich eine der bekanntesten Börsenweisheiten und gefühlt jedes Jahr um diese Jahreszeit ein beliebter Aufmacher in diversen Finanzpublikationen. „Sell in May and go away but remember to come back in september“ rät Investoren, ihre Aktienpositionen im Mai zu verkaufen und den Markt bis September zu meiden. Was ist dran an der Weisheit und sollten Privatanleger ihr folgen?
Das Sprichwort hat seinen Ursprung im London des 19. Jahrhunderts, als die wohlhabende Gesellschaft die Stadt während der Sommermonate verließ und geschäftliche Aktivitäten oft pausierten. Letztlich geht es aber um die Existenz von saisonalen Effekten auf den Märkten.
Von January-Effekt bis Day-of-the-Week
Zu den bekanntesten Börsenregeln gehört der „January Effect“. Anfang des Jahres zeigen Kleinaktien typischerweise eine überdurchschnittliche Performance. Das ist oft zurückzuführen auf den Rückkauf von Aktien nach steuerbedingten Verkäufen am Jahresende.
Ein weiteres Phänomen ist die „Santa Claus Rally“. In der letzten Dezemberwoche und den ersten Januartagen zeigen die Aktienmärkte oft eine positive Entwicklung. Das ist möglicherweise auf einen Feiertagsoptimismus und niedrigere Handelsvolumina zurückzuführen. Das Ende des Fiskaljahres in Ländern wie Japan und Großbritannien führt zudem zu signifikanten Anpassungen, da Investoren ihre Portfolios neu ausrichten.
Schließlich gibt es die „Turn-of-the-Month“ und „Day-of-the-Week“ Effekte. Diese zeigen, dass Märkte tendenziell am Monatsende und -anfang sowie an Freitagen besser performen, während Montage oft schwächere Handelstage sind. Anleger, die saisonale Trends nutzen wollen, haben also einen vollen Terminkalender und viel zu beachten.
Keine generelle Gültigkeit
Selbstverständlich gibt es zahlreiche wissenschaftliche Studien und statistische Analysen, die einige dieser saisonalen Effekte auf den Finanzmärkten bestätigen. Allerdings variieren die Ergebnisse, abhängig von den untersuchten Zeitperioden, Märkten und spezifischen Methoden. So zeigen Untersuchungen auch, dass saisonale Strategien wie „Sell in May and go away“ in bestimmten Märkten und unter bestimmten Bedingungen eine effektive Strategie sein können. Sie sind jedoch weit davon entfernt, eine universelle Lösung zu sein.
Außerdem variieren saisonale Effekte an den Finanzmärkten global und sind von wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Faktoren beeinflusst. Diese saisonalen Muster können in einigen Ländern stärker ausgeprägt sein als in anderen und unterschiedliche Zeiträume betreffen.
Privatanleger sollten daher vorsichtig sein, wenn sie saisonale Muster in ihre Anlagestrategien einbeziehen. Eine breite Diversifikation kann helfen, das Risiko, das mit der Ausnutzung saisonaler Anomalien verbunden ist, zu reduzieren. Anleger sollten sich auf langfristige Ziele und fundamentale Analysen konzentrieren, statt sich auf kurzfristige saisonale Gewinne zu verlassen.
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