Warum uns 2024 positiv stimmt
Michael Winkler, Leiter Anlagestrategie bei der St.Galler Kantonalbank Deutschland AG
2024 wird es vor allem auf die Selektion, also die Wahl der richtigen Aktien, und die richtige Allokation ankommen. Allein durch das nachlassende Wirtschaftswachstum in China und den chinesischen Anteil am Welt-BIP wird das globale Wachstum weniger stark steigen. Auch das aktuelle Zinsniveau wird dazu beitragen, dass Investitionen verschoben werden und sich damit das Wirtschaftswachstum reduziert. Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen mit strukturellem, aber auch profitablem Wachstum bevorzugt werden.
Die Notenbanken sind am Ende ihres Zinserhöhungszyklus angekommen und der Kampf gegen die Inflation hat bereits einen weiten Weg zurückgelegt. Zwar nähern sich viele Länder dem allgemeinen Inflationsziel von zwei Prozent, allerdings hält sich die Kernrate der Inflation – d.h. die Rate ohne die Komponenten Energie und Nahrungsmittel – deutlich hartnäckiger und verharrt weiterhin häufig bei rund 4 Prozent. Und dennoch haben einige Notenbanken bereits mit den ersten Zinssenkungen begonnen. Um das schwache Wirtschaftswachstum anzukurbeln, schwenkte zum Beispiel die chinesische Notenbank bereits vor Monaten auf eine expansive Geldpolitik um. Auch für die Fed und EZB erwarten wir ab Mitte 2024 die ersten Senkungen. Insgesamt betrachtet werden die geldpolitischen Rahmenbedingungen im Laufe des Jahres 2024 immer besser erwartet.
Zwar nimmt dadurch die Belastung für die Kapitalmärkte ab, allerdings gibt es diverse andere Herausforderungen, die Anleger im ersten Halbjahr auf eine Geduldsprobe stellen:
- Europa ist in der Rezession angekommen und wird auch in 2024 kein starkes Wirtschaftswachstum verzeichnen.
- Ob oder wie sehr sich die amerikanische Wirtschaft abkühlen wird, ist eine der spannendsten Fragen für das kommende Jahr.
- Die Auswirkungen der zahlreichen Zinserhöhungen aus 2023 werden jetzt erst richtig sichtbar werden.
- Da Börsen aber in die Zukunft schauen und nicht zurück, hilft ein Blick auf die Frühindikatoren – wie die Einkaufsmanagerindizes oder den IFO-Index. Zwar ist die Stabilisierung seit Herbst dieses Jahres auf niedrigem Niveau, der freie Fall scheint aber beendet zu sein.
Das bedeutet nicht, dass alles besser wird – aber zumindest scheint sich die Lage nicht zu verschlechtern, was den Börsianern häufig schon ausreicht.
Wir gehen davon aus, dass der Zinshöhepunkt an den Rentenmärkten – mit 5 Prozent bei 10-jährigen US-Staatsanleihen und 3 Prozent bei 10-jährigen Bundesanleihen – hinter uns liegt. Insofern sollten die internationalen Rentenmärkte ein grundsätzlich erfreulicheres Umfeld erfahren können als in den Jahren 2022 und 2023. In einem Umfeld sinkender Inflationsraten und konjunktureller Abkühlung besteht die Chance, neben dem an sich schon attraktiven Zinskupon zusätzliche Kursgewinne zu erzielen, da wir von tendenziell leicht sinkenden Kapitalmarktzinsen ausgehen. Der Gesamtertrag mit Rentenanlagen sollte daher in 2024 in der Eurozone bei ca. 4-7 % liegen, und in den USA bei ca. 5-8 %. Je nach Risikobereitschaft versprechen Unternehmensanleihen guter Qualität und auch hochverzinsliche Unternehmensanleihen noch einmal höhere Renditen.
Wirtschaftsdaten und nachlassende Kosteninflation sprechen 2024 für Aktien
Für einen langfristigen, realen Kapitalerhalt bleiben Aktien auch 2024 ein wichtiger Baustein im Portfolio. Zumal sich in 2024 einige volkswirtschaftliche Daten verbessern sollten. Aktuell präferieren wir vor allem die USA und halten an unserem Engagement an US-Tech-Aktien fest und denken, dass sich das Gewinnwachstum 2024 auch im Aktienkurs widerspiegelt. Im Zuge des gestiegenen Zinsniveaus wird es wichtig sein, den Fokus weiterhin auf Qualitätswerte zu legen. Also Unternehmen mit einer starken Marktstellung, einer hohen Eigenkapitalverzinsung, einer soliden Bilanz, einer attraktiven Cashflow Generierung und strukturellem Wachstum.
Dies geht mit einer steigenden Eigenkapitalverzinsung einher. Einerseits durch eine höhere Profitabilität und eine bessere Auslastung in Folge der sich verbessernden volkswirtschaftlichen Daten, andererseits durch die positiven Auswirkungen des Investmentthemas „Künstliche Intelligenz“.
Fraglich ist, wie breit dieser Aufschwung sein wird. Waren in 2023 vor allem die US-Technologiewerte Outperformer, könnte 2024 der breite Markt wieder an Fahrt gewinnen. Hierfür bräuchte es nur einen der nachfolgenden Faktoren:
- Auflösung der exogenen Schocks (aktuelle Kriege)
- niedrige Inflationsraten und damit geringerer Druck auf die Zinsrenditen und/oder
- ein Anziehen der Wachstumsraten im Reich der Mitte und damit positive Effekte auf den globalen Warenhandel.
Die Bewertung außerhalb der US-Technologiewerte ist mit niedrigen KGVs und zum Teil hohen Dividendenrenditen fast schon sehr attraktiv, sofern die Zinslast aufgrund einer hohen Verschuldung nicht signifikant steigt.
Auf der anderen Seite führen fehlende Innovationen, falsche Anreizsysteme, Überregulatorik und eine zu geringe Produktivität dazu, dass Deutschland weiter der „kranke Mann Europas“ ist und in den Portfolien der St. Galler Kantonalbank Deutschland AG vorerst untergewichtet bleibt.
Zudem hat das Thema Nachhaltigkeit einen immer höheren Stellenwert bei der Geldanlage und gut ein Drittel der durch uns verwalteten Vermögen wird unter nachhaltigen Kriterien investiert. Die St.Galler Kantonalbank Deutschland AG ist im Bereich Nachhaltigkeit mit innovativen Lösungen am Markt, die von Kundenseite auf breites Interesse stoßen. Auch hier bieten wir sowohl prognosefreie (quantitative) Strategien an, als auch klassische fundamentale prognosebasierte Strategien.
Insgesamt eignet sich das aktuelle Umfeld exzellent für gemischte Portfolien, die wieder stark an Bedeutung gewonnen haben: Ein realer Kapitalerhalt ist ohne einen gewissen Anteil an Aktien nicht zu erreichen, Investoren können aber wieder über verschiedene Anlageklassen diversifizieren. Vor allem die endlich wieder attraktiven Renditen an den Rentenmärkten bieten die Möglichkeit, in klassische gemischte Portfolien („Balanced Portfolios“) mit einem sehr interessanten Chance-Risko-Profil zu investieren. Mögliche schwierige Phasen an den Aktienmärkten können somit zumindest teilweise durch positive Kursentwicklungen der Anleihen im Portfolio ausgeglichen werden. Auf diese Möglichkeit mussten wir wegen der jahrelangen Null-Zins-Phase lange warten. Nutzen wir sie jetzt!