Vorsicht vor Ego-Shootern und Superstars
Hans Peter Schupp, Vorstand der Fidecum AG und Portfoliomanager des Contrarian Value Euroland Fonds, über die mangelnde Nachhaltigkeit von Unternehmenschefs
In vielen Unternehmen steht das Management unter Beschuss. Wir durchleben derzeit eine schwierige Phase mit Wirtschaftskrise, galoppierender Inflation und steigenden Preisen an allen Fronten. Da ist es fast schon normal, dass Vorstände ausgetauscht werden. Die Hoffnung: Neue Besen kehren gut! Oder man versteht einfach viele Entscheidungen der Unternehmenslenker nicht mehr.
Musk und Zuckerberg als abschreckende Beispiele
Zum Beispiel Elon Musk und Mark Zuckerberg, die durch neue Ideen und Übernahmen das eigene Geld, aber auch das ihrer Investoren vernichten. So mussten die Tesla-Aktionäre eine Kurshalbierung hinnehmen, nicht weil Tesla weniger Autos verkauft, sondern weil Elon Musk überteuert Twitter übernommen hat. Kümmert er sich jetzt noch um Tesla? Und werden Zuckerbergs Träume eines Metaverse Realität? Oder lösen sich seine Milliardeninvestitionen irgendwann einfach in Luft auf? Beide Egomanen haben seit Anfang des Jahres jeweils auch selbst über 80 Milliarden US-Dollar verloren. Das schmerzt die Multimilliardäre nicht sonderlich, ganz im Gegensatz zu ihren Anlegern.
Der Neue wird’s schon richten.
Die Liste von CEO-Wechseln, die wahre Kurshöhenflüge auslösten, liest sich auch sehr beeindruckend. Als die Entscheidung fiel, dass Puma-Chef Björn Gulden Adidas-CEO wird, sprang der Kurs der Adidas-Papiere um rund 30 Prozent nach oben. Als auf der anderen Seite sein Vorgänger Kasper Rorsted damals von Henkel zu Adidas wechselte, galt er ebenfalls als großer Heilsbringer. Der Aktienkurs gewann gut 12 Prozent – konnte das Niveau aber nicht lange halten. Aber: solche Wechsel führen häufig zu einer Neubewertung des Unternehmens. Der Neue wird’s schon richten.
Was steckt hinter all diesen Kursraketen und Rohrkrepierern? Die Börse verknüpft einerseits mit einem Führungswechsel immer viel Hoffnung und reagiert mit extremen Kursaufschlägen. Auf der anderen Seite werden Unternehmen abgestraft, deren CEOs auch Hauptaktionäre sind und meinen, sie könnten machen, was sie wollen. Das sind dann Egotrips auf Kosten der Miteigentümer!
Management ist sich ändernden Moden unterworfen. Ein CEO-Wechsel ist zumeist mit einem Strategiewechsel verbunden. Dann wird im Portfolio aufgeräumt, nachdem die Zahlen im Keller sind. Denn die „Fehler“ kann man noch dem alten Management anlasten. Oft wird sogar übertrieben wertberichtigt – da sind dann noch ein paar Reserven mit drin. Wenn schließlich aufgeräumt ist, beginnt die Erhöhung der Rendite. Denn wenn man das Eigenkapital erst einmal reduziert hat, kann man sich auf die Eigenkapitalrendite konzentrieren, was auf Basis des reduzierten Eigenkapitals auch leichter fällt.
Die einfachste Erfolgsformel für neue CEOs: Eigenkapital senken, Hebel erhöhen
Die einfachste Art die Rendite zu erhöhen ist halt, das Eigenkapital erst einmal gehörig zu senken. Dann setzt der/die Neue seine Strategie um – bis er/sie scheitert. Zunächst heißt es: Wir müssen expandieren! Oder: Wir müssen diversifizieren! Oder: Wir müssen uns auf das Kerngeschäft konzentrieren! Klappt das, darf man noch etwas weiter machen. Schlägt die Strategie fehl, wird der/die Neue wieder ersetzt! So wird es wohl auch jetzt bei der Walt Disney Company passieren. Der Micky Mouse-Konzern hat den früheren Vorstandsvorsitzenden Bob Iger aus dem Ruhestand zurückgeholt. Vor allem das Streaming-Geschäft steckt in der Krise. Igers Nach- und jetzt auch Vorgänger Bob Chapek hatte die Erwartungen einfach nicht erfüllt. Und nun? Der alte/neue Chef wird’s schon richten, so die Devise. Der Kurs der Aktien reagierte mit einem Sprung von zeitweise über 10 Prozent. Aber die Erfahrung zeigt: Das zunächst entfachte Strohfeuer hält nicht lange an.
Und wie reagiert die Börse typischerweise? Das Management wechselt, die Börse reagiert positiv. Es folgen in der Regel zunächst schwache Ergebnisse und schließlich ein Kurseinbruch. Aber die neue Strategie wird schnell umgesetzt. Gibt es Erfolge, steigt der Kurs wieder. Doch dann hängt man zu lange an der Strategie fest, obwohl sich das Umfeld geändert hat. Der Kurs bricht erneut ein und der Manager fällt in Ungnade. Es folgt der Managerwechsel – und das Ganze beginnt von vorne.
Vorsicht vor Starmanagern und Ego-Shootern!
Welche Konsequenzen kann man daraus ziehen? Vorsicht vor Starmanagern! Die bleiben oft zu lange am Ruder – und halten zu lange an den althergebrachten Methoden fest. Die Welt ändert sich aber, und oft genug reagieren sie nicht entsprechend rasch auf diese Änderungen. Und schon sind sie ihren Job wieder los. So werden aus Starmanagern schnell Loser. Beispiele gibt es hier auch aus der Vergangenheit viele: Carlos Ghosn bei Renault, oder die Manager-Ikone Lee Iacocca, „Neutronen Jack“ Jack Welch und aus deutscher Sicht der Vorzeigemanager Edzard Reuter, der mit seiner hochgelobten Vision eines weltumspannenden Technologiekonzerns bei Daimler scheiterte. Die Liste ließe sich beliebig fortführen.
Wir sind bei solchen Ego-Shootern immer vorsichtig, bestimmt dabei doch immer eine einzige Person das Wohl und Wehe eines ganzen Konzerns. Daher sind wir häufig in Unternehmen positioniert, wo das Management noch Entwicklungspotential hat und das Unternehmen nicht von Alleinherrschern kommandiert wird. Genau da fühlen wir uns wohl. Denn: Wo kann man sich verbessern? Dort, wo nicht alles optimal läuft. Außerdem muss man feststellen, dass das Management an sich nicht sonderlich nachhaltig ist. Mitunter liegt dies daran, dass Unternehmenslenker zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort sind. Heißt: Gut und schlecht ist auch immer eine Frage des Zeitpunkts. Was vorher als extrem erfolgsversprechend angesehen wurde, kann plötzlich als schlechte Strategie gelten. Hier sollte man als Investor immer zweimal hinschauen, damit man sein Geld nicht dem „falschen“ CEO anvertraut.