Verkaufen oder verändern?
Cornelia Zimmermann ist Spezialistin für Nachhaltigkeit und Corporate Governance im Portfoliomanagement der Deka
Hinter uns liegt ein Jahr, das uns die Auswirkungen des Klimawandels ebenso vor Augen geführt hat wie die Folgen einer wachsenden sozialen Ungleichheit auf der Welt. Damit wird deutlich, wie wichtig ein globales Umsteuern in Richtung Nachhaltigkeit ist.
Für viele Stiftungen spielen Nachhaltigkeit und Klimaschutz traditionell schon immer eine große Rolle. Auch durch die Wahl der Kapitalanlage können Entwicklungen in den ESG-Bereichen (Environmental, Social, Governance, also Aspekte der Umwelt, des Sozialen und der Unternehmensführung) entsprechend unterstützt werden.
Die Umsetzung ist auf den ersten Blick unkompliziert: Kontroverse Unternehmen oder Branchen lassen sich ohne größere Probleme ausschließen, immerhin liefern Ratingagenturen und Datendienstleister die dazu notwendigen Bewertungen, und das eigene Portfolio wäre damit sauber.
Ein „sauberes“ Portfolio bedeutet aber nicht automatisch, dass die Welt im Hinblick auf Nachhaltigkeitsziele besser wird. Wer mit seiner Anlage eine tatsächliche Wirkung durch eine positive Entwicklung bei ESG-Faktoren erreichen will, sollte auf eine Veränderung bei den Unternehmen abzielen.
Anreize für nachhaltige Veränderungen schaffen
Professionelle Vermögensverwalter wie die Deka setzen deshalb auf ein aktives Engagement bei ihren Portfoliounternehmen. Der Begriff umfasst den aktiven, konstruktiven und zielgerichteten Dialog mit den Gesellschaften, in die investiert wurde, sowie die Ausübung der Stimmrechte als Aktionär. Dahinter steckt die Überzeugung, dass Investoren Anreize für langfristige und nachhaltige Veränderungen schaffen müssen.
ESG-Defizite als Unternehmensrisiken
Gleichzeitig haben Vermögensverwalter in ihrer treuhänderischen Funktion die Verantwortung, für eine langfristige Wertsteigerung der anvertrauten Kapitalanlagen zu sorgen. Unternehmen, die bei ESG-Aspekten Defizite aufweisen, riskieren eine Gefährdung ihres Geschäftsmodells und des Unternehmenserfolges, etwa durch gesetzliche Einschränkungen bestimmter Geschäftsfelder oder durch gesellschaftliche Sanktionen wie Boykotte. Wenn Defizite im ESG-Management den Wert des Unternehmens beeinträchtigen, ist der Treuhänder zum Handeln aufgefordert.
Um zielgerichtet in den Dialog mit den Unternehmen treten zu können, hat das Nachhaltigkeitsteam der Deka eine Reihe von Kernthemenfeldern identifiziert. Die Fokussierung hilft dabei, Expertise in den relevanten Fragestellungen aufzubauen und auch die Unternehmen im Branchen- und Wettbewerbsvergleich zu bewerten.
So spielt beim Thema Umwelt unter anderem die Frage, wie ein Unternehmen mit Blick auf seine CO2-Emissionen aufgestellt ist, eine wichtige Rolle. Wie ist der Status quo? Aber auch: Welche Maßnahmen sind geplant, um eine weitere Reduzierung des CO2-Ausstoßes voranzutreiben?
Verzahnung von Expertise
Die Nachhaltigkeitsaktivitäten im Fondsmanagement der Deka sind in der Abteilung „Nachhaltigkeit und Corporate Governance“ gebündelt. Die Einbindung ist mit Blick auf die Zielsetzung wichtig, denn letztendlich handelt das Deka-Expertenteam als Aktionär und berücksichtigt alle Dimensionen, auch die Wirtschaftlichkeit. Jede Anpassung, die ein Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit vornimmt, soll sich langfristig immer auch betriebswirtschaftlich auszahlen. Deshalb fließt in die Bewertung die langjährige Sektorexpertise der Investmentteams ebenso ein wie die Analyse des Nachhaltigkeitsteams. Das Fondsmanagement und die Analystenteams adressieren bei ihren Unternehmensbesuchen auch Fragestellungen zu ESG-Themen. Umgekehrt spricht das Nachhaltigkeitsteam auf Hauptversammlungen, wie in 2022 unter anderem bei den DAX-Unternehmen Volkswagen, SAP oder adidas.
In den nachhaltig ausgerichteten Fonds der Deka werden sämtliche Portfoliotitel auf ihre ESG-Merkmale hin überprüft. Darüber hinaus bilden breite Indizes, wie der EuroStoxx 50 und der DAX, den Schwerpunkt der Analysen. Zum einen werden die Indizes häufig als Grundlage für Basisinvestments (bei aktiv gemanagten Fonds und ETFs) genutzt. Zum anderen haben die darin enthaltenen Unternehmen aufgrund ihrer Größe einen besonderen Impact bei Nachhaltigkeitsfragen. Hier lässt sich also mit Engagement ein stärkerer Effekt erzielen.
Breites Instrumentarium
Auf welche Weise das Engagement bei den Unternehmen ausgeübt wird, folgt bei der Deka einem fest definierten Prozess mit verschiedenen Eskalationsstufen. Die Basis bilden die Abstimmungen auf den Hauptversammlungen. 2021 hat die Deka bei 419 Hauptversammlungen abgestimmt, in diesem Jahr sind es bereits mehr als 700. Bei den Abstimmungen folgen die Expertinnen und Experten des Wertpapierhauses der Sparkassen den „Grundsätzen der Abstimmungspolitik bei Hauptversammlungen“. Hier sind zum Beispiel die Anforderungen an die Qualifikation von Aufsichtsratsmitgliedern oder die Vergütung von Vorständen definiert und auch das Ziel der kontinuierlichen Absenkung des CO2-Ausstoßes festgeschrieben.
Investorengespräche mit den Management- und Aufsichtsgremien der Unternehmen ergänzen die Abstimmungen. Diese Dialoge dienen vor allem dazu, kritische Punkte zu adressieren und Hintergründe zu beleuchten. Sie sind in der Regel nicht öffentlich. Zusätzlich kann das Deka-Expertenteam an die Öffentlichkeit gehen und über Interviews in der Presse oder mit Redebeiträgen auf den Hauptversammlungen auf das Unternehmen einwirken.
Die Rede auf der Hauptversammlung ist das stärkste Instrument im Engagement-Prozess. In diesem Jahr wurde allein bei den DAX-Unternehmen 28mal davon Gebrauch gemacht. Im Fokus standen dabei immer wieder auch strittige Punkte wie beispielsweise die Frage nach fairen Löhnen bei den Zulieferern von adidas, die Überwachung der Einhaltung von Menschenrechten in der Lieferkette von Volkswagen oder das noch unzureichende Engagement von RWE bei erneuerbaren Energien.
Stiftungen haben nicht nur über ihren Stiftungszweck, sondern auch über ihre Kapitalanlage einen wirksamen Hebel, um nachhaltige Entwicklungen voranzutreiben. Dabei spielt die Frage, mit welchen Maßnahmen sich konkrete Wirkungen auf Unternehmensseite erzielen lassen, zunehmend eine Rolle. Engagement-Ansätze in der Kapitalverwaltung, wie sie die Deka verfolgt, sind eine mögliche Antwort. Sie bieten die Chance, den Wandel zu mehr Nachhaltigkeit in den Unternehmen aktiv zu gestalten und so neben Renditezielen auch eine Stärkung des Gemeinwohls zu erreichen.
Kontakt
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