Verbraucher gut, Unternehmen gut – wo liegt das Problem?
Hans Peter Schupp ist Vorstand der Fidecum AG und Portfoliomanager des Contrarian Value Euroland Fonds.
Mit der Wirtschaft in der Eurozone geht es bergauf! Das mag für manche sonderbar klingen, schließlich stagnierte die Wirtschaft im Euroraum im vierten Quartal 2023, nachdem sie im dritten Quartal um 0,1 Prozent geschrumpft war. Im Gesamtjahr 2023 wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nur um 0,5 Prozent. Der Grund: die anhaltend hohe Inflation, die im Vergleich zu den vergangenen zwei Jahrzehnten hohen Kreditkosten und die schwache Auslandsnachfrage.
Industrieproduktion legt zu, Aktien günstig bewertet
In diesem Jahr könnte es aber wieder bergauf gehen. Erstes Anzeichen dafür ist die Industrieproduktion, die im Dezember erstmals seit neun Monaten anstieg. Der HCOB-Einkaufsmanagerindex für die Eurozone erreichte zuletzt mit 47,9 Punkten ein Sechs-Monats-Hoch. Obwohl er sich noch unter der Expansionsschwelle von 50 Punkten befindet, stiegen die Wachstumserwartungen der Unternehmen auf den höchsten Stand seit neun Monaten. Eine wachsende Wirtschaft dürfte auch dem Aktienmarkt der Eurozone gut bekommen. Dieser handelt aktuell mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von gut zwölf – etwa zehn Prozent unter dem Mittel der vergangenen Dekade und etwa ein Drittel günstiger als der Industrieländerindex MSCI World.
Delle statt scharfer Rezession
Aber noch etwas stimmt optimistisch: In früheren Krisen war es so, dass wir vor der Krise eine starke Expansion erlebt haben, bevor es dann eine zum Teil scharfe Rezession gab, die sich dann erst langsam wieder in eine Erholung umwandelte. Diesmal ist das anders: Expansion vor der Krise ja, aber danach haben wir nur eine konjunkturelle Delle erlebt, egal wie lang diese noch andauern mag. Auch die Konsumenten halten sich recht wacker. Sie haben sich mittlerweile an die höheren Preise gewöhnt, aber erst jetzt ziehen auch die Löhne nach – zuletzt sogar sehr deutlich.
Anders sieht es auf Unternehmensseite aus. Die wird derzeit in der Presse schlecht geschrieben. Argumentiert wird hier mit bürokratischen Hemmnissen, hohen Energiepreisen und Fachkräftemangel. Betrachtet man aber die jüngsten Quartalszahlen, so sind diese mehrheitlich positiv. Trotzdem redet die Politik die deutsche Wirtschaft schlecht. Die Bundesregierung senkt die Wachstumsprognose. Aber die Zahlen sprechen eine andere Sprache.
Außenhandelsbilanz bleibt positiv
Ein Maß, wie man die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen messen kann, ist die Außenhandelsbilanz! Wird mehr exportiert als importiert, ist dies ein gutes Zeichen dafür, dass die Unternehmen wettbewerbsfähig sind. 2023 waren die Exporte zwar gesunken, aber die Importe noch deutlicher. Die Zahlungsbilanz ist also positiv. Das gilt für die Eurozone und erst recht für Deutschland.
Aber: Kann es sein, dass die Unternehmen damit Recht haben, dass sie mitten im sogenannten Lagerzyklus stünden? Noch sind die Lager relativ gut gefüllt, aber dieser Zustand kann nicht ewig andauern. Sich leerende Lager müssen wieder aufgefüllt werden. Das bedeutet: Wir haben nur ein befristetes, aber kein strukturelles Problem.
Fokus auf zyklische Titel
Fazit: Die Verbraucher kommen klar, den Unternehmen geht es gut. Das bedeutet für das Portfolio unseres Contrarian Value Euroland Fonds: Der klare Fokus liegt auf zyklischen Werten. Und hier sollten besonders unsere Portfoliowerte Lanxess, BASF, Salzgitter, Valeo und der französische Automobilzulieferer Plastic Omnium profitieren.