Tinder für Siftungen
Wie finden Stiftungen den richtigen Vermögensverwalter, die richtige Bank?
Wer einen neuen Verstärker möchte, ein neues Handy braucht oder das nächste Auto will, stellt meist umfangreiche Marktforschungen an. Da werden Angebote verglichen, Bekannte gefragt, Warenteste und google zu Rate gezogen, bevor es irgendwann zur hoffnungsvollen Entscheidung kommt. In Sachen Geldanlage ist so viel Sorgfalt nur selten anzutreffen. Meist macht der erstbeste vom Bankberater empfohlene Fonds das Rennen, damit das lästige Thema möglichst schnell erledigt ist.
Auch viele Stiftungen, so unser Eindruck, sehen zu, dass sie das Thema schnell und geräuschlos vom Tisch kriegen, um sich den wesentlichen Aufgaben widmen zu können. Aber die Wahl des richtigen Vermögensmanagers ist nicht trivial und es gibt mittlerweile gute Hilfen dafür.
Selbstentscheiden oder professionelle Hilfe in Anspruch nehmen
Wer sich mit Verantwortlichen von kleineren und mittleren Stiftungen unterhält, gewinnt häufig den Eindruck, dass die Vermögensanlage kein wesentlicher Faktor für den Stiftungszweck ist. Bei konservativen Anlagen gebe es eh keine großen Leistungs-Unterschiede, heißt es. Und selbst wenn man in der Rückschau ein deutliches Performance-Gefälle feststellt, sei es immer noch höchst fraglich, ob man vorab bestimmen könne, welche Fonds in der Zukunft erfolgreicher sein werden.
In der Tat, auch die ökonomische Theorie gibt diesen Bedenken Recht. Wenn alle Informationen mehr oder minder korrekt ausgewertet wurden, dann sollten alle Wertpapiere und damit auch alle Fonds fair gepreist sein, also keine einfachen Möglichkeiten bieten, eine überdurchschnittliche Performance zu erzielen. Und obwohl in Anlegerzeitschriften viel von ineffizienten Märkten und irrationaler Spekulation die Rede ist, die es leicht auszunutzen gelte, wissen erfahrene Börsianer, dass überdurchschnittliche Performance ganz überwiegend entweder auf das Eingehen höherer Risiken oder schlicht auf den Faktor Glück zurückzuführen ist.
Manche Stiftungen ziehen daraus den Schluss, man solle einfach in einen oder zwei Stiftungsfonds investieren, warum nicht in den der Bank um die Ecke, und damit das Problem lösen. Etwa die Hälfte der mittleren und kleineren Stiftungen, die keinen hauptamtlichen Vermögensverwalter beschäftigen können, lagern das Thema gerne aus an einen Vorstand/Berater, der gleichzeitig in der „Bank um die Ecke“ arbeitet. Damit eine Win-Win-Situation entsteht, gibt dann zum Beispiel die Sparkasse der Bürgerstiftung einen Rabatt auf die Vermögensverwaltergebühr oder verzichtet gleich ganz darauf und die Stiftung ordert dafür umgekehrt zum Beispiel vermehrt die Fonds aus dem Hause der Deka, der zentralen Fondsgesellschaft der Sparkassen. In einer kürzlich von RenditeWerk unter Stiftungen gemachten Umfrage gaben 49 Prozent an, sich von der kontoführenden Stelle in Bezug auf die Vermögensanlage helfen zu lassen. Der Anteil der Stiftungen, die sich als Selbstentscheider bezeichnen, macht demnach 76 Prozent aus.
„Es kann rein betriebswirtschaftlich für Banken durchaus Sinn machen, auf einen förmlichen Vermögensverwaltungsvertrag lieber zu verzichten.“
Mit engagierten, nichtprofitorientierten Instituten zu kooperieren, kann sehr richtig sein. Stiftungen sollten aber bedenken, dass es mit der personellen Verquickung von Bank und Stiftung durchaus Interessenkonflikte geben kann. Wenn etwa die Volksbank um die Ecke einen Fonds der Union Investment vermittelt, wird sie dafür in aller Regel einen einmaligen Ausgabeaufschlag von vielleicht drei Prozent berechnen und für sich behalten. „Außerdem“, so weiß Jens Ammon von der Berliner Vermögensverwaltung Honoris, „erhält die Bank wahrscheinlich sogenannte Bestandsprovisionen, die oft die Hälfte der Managementgebühr, also vielleicht 0,5 Prozent jährlich betragen können.“ Schließlich sind viele Volksbanken mittelbar oder direkt an der Union beteiligt, können also auch noch auf eine Gewinnbeteiligung hoffen. Dieser dreifache Ertrag kann manchmal sehr viel höher ausfallen als ein Vermögensverwaltungshonorar, das vielleicht ein Prozent ausmacht. Es kann rein betriebswirtschaftlich für Banken durchaus Sinn machen, auf einen förmlichen Vermögensverwaltungsvertrag lieber zu verzichten. Denn: Mit einem Vermögensverwaltungsvertrag dürfen nur Honorare vom Kunden kassiert werden; Ausgabeaufschläge, Bestandhaltegebühren und Transaktionsrückvergütungen, die sogenannten Kick Backs, dürfen nicht mehr vereinnahmt werden.
Kosten haben einen erheblichen Einfluss auf künftige Erträge und viele Untersuchungen zeigen, dass sie der einzig verlässliche Prädiktor für die künftige Performance eines Investments sind. Es ist häufig gezeigt worden, dass Fonds mit hohen Kosten in der Zukunft ziemlich sicher eine unterdurchschnittliche Performance aufweisen, während Fonds mit niedrigen Kosten (zum Beispiel ETFs) eher überdurchschnittlich performen werden.
„Wir lassen eine Vermögensverwaltung bei einer Privatbank für ca. 10 % unseres Vermögens parallel laufen, quasi auch als Benchmark.“
Solange man in der Fondswelt bleibt und sich auf Kosten konzentriert, braucht es für die Auswahl der richtigen Produkte keinen teuren Fachmann, schließlich sind Fondsdaten inklusive deren Kosten im Internet sehr einfach zu finden. Aber mit dem Fokus auf die Kostenvergleiche, die nahezulegen scheinen, dass jegliche individuelle und aktive Vermögensverwaltung auf Dauer nichts bringt, wird häufig vergessen, dass professionelle Verwalter und Ratgeber, ob im Rahmen eines Vermögensverwaltungsvertrages oder ohne ihn, Stiftungsvermögen in Anlageklassen umzuschichten helfen, die nicht vergleichbar mit standardisierten Lösungen nach dem Motto 70/30 sind, aber eben deshalb ungleich höhere Renditen (bei höheren Risiken) liefern können. Professionelle Ratgeber können meist besser als Laien beurteilen, mit welchen Investments welche Chance/Risiko-Konstellationen am besten umgesetzt werden können, welche Angebote eher unseriös sind und welche Erfahrungen Anwender mit welchen Angeboten gemacht haben. Die Bürgerstiftung aus dem westfälischen Warburg hat mit Ernst Martin Peitz, einem ehemaligen Sparkassenmann, einen solchen Ratgeber. Es kann auch Sinn machen, einen Vermögensverwalter zu engagieren.
Stiftungen nannten uns in unserer Befragung noch weitere Gründe, die für eine Vermögensverwaltung sprechen. Berthold Lange von der Freiburger Kant-Stiftung: „Es empfiehlt sich aber, einen vertrauenswürdigen Berater mit einer service-starken Bank vor Ort zu haben, um mindestens alle drei Monate das Stiftungsdepot durchzugehen! Da blieb in unserem Fall im Wesentlichen nur die DEUTSCHE BANK und eine stabile Kunden-Berater-Beziehung über fast 20 Jahre übrig, bei Einbringung eigener Kriterien wie den ESG/SDG-Kriterien, lange vor deren offiziellen Einführung!“ (Hervorhebungen im Original).
Ein professioneller Vermögensverwalter muss ja nicht für das gesamte Stiftungsvermögen mandatiert werden. Helmut Hülsmann, Vorsitzender der Erwin-Roeske-Stiftung, streut mit einem zweiten Verwalter (und dessen Anlagestil) das Risiko: „Wir haben einmalig einen Betrag von 40% des Vermögens aus reinen Risikogründen an eine andere Vermögensverwaltung übertragen.“ Eine fränkische Bürgerstiftung: „Das Gros unseres Vermögens verwalten wir selbst. Und wir lassen eine Vermögensverwaltung bei einer Privatbank für ca. 10 % unseres Vermögens parallel laufen, quasi auch als Benchmark.“
Wie den besten Vermögensverwalter finden?
Gründe für die Mandatierung eines Vermögensverwalters gibt es also genügend und zwar nicht erst ab einem Stiftungsvermögen im zweistelligen Millionenbereich. Die individuelle Vermögensverwaltung macht häufig schon ab einem liquiden Vermögen von zwei Millionen Euro Sinn. Darunter läuft man meist Gefahr, in eine standardisierte Schublade geschoben zu werden. Dann hat man als Stiftung zwar noch den Sparringspartner, aber es kann dann sinnvoller sein, in einen der (von RenditeWerk) empfohlenen Stiftungsfonds oder in ein (RenditeWerk-) Musterdepot zu investieren; das spart Gebühren und Provisionen.
Ein neuerer Weg, vergleichbare Angebote von Vermögensverwaltern auch für kleinere und mittlere Vermögen einzuholen, sind digitale Ausschreibungsplattformen.
Wer einen Vermögensverwalter und wirklich vergleichbare Angebote will, kommt um eine flächendeckende Ausschreibung eines Vermögensverwaltungsmandates nicht herum. Im Bereich der Anlage von Versicherungsgeldern und der übrigen institutionellen Geldanlage sind solche Ausschreibungen fast die Regel. Da geht es nicht selten um Mandate im dreistelligen Millionenbereich. Man bedient sich dann Consulting-Firmen wie etwa der Telos oder engagiert spezialisierte Anwaltskanzleien wie die Münchener PSP, weniger für die Vergabe der gesamten Vermögensverwaltung als vielmehr für die Vergabe spezialisierter Mandate. Dann wird ein Asset Manager gesucht, der das Thema europäische Aktien abdeckt oder auf Schwellenländeranleihen spezialisiert ist. Im Stiftungsbereich bei Anlagesummen im zweistelligen Millionenbereich werden zum Beispiel spezialisierte Rechtsanwaltskanzleien gefragt, die meist nach festen Stundensätzen abrechnen. Kay Klöpping, Leiter Family Office der KPMG mit Sitz in Bielefeld, nennt eine „Range, je nach der Notwendigkeit einer qualifizierten Beratung im Umfeld der Ausschreibung von vielleicht 200 bis 250 Euro pro Stunde.“ Auch Family Offices mit einem vermögensverwalterischen Hintergrund werden manchmal eingespannt, um Mandate zu vergeben. Andreas Dohle, der einst das Family Office der Hamburger Sparkasse geleitet hat, beziffert die sinnvolle Mindestanlage für ein Family Office Mandat auf etwa 30 Millionen Euro.
Plädoyer für digitale Ausschreibungsplattformen
Ein neuerer Weg, vergleichbare Angebote von Vermögensverwaltern auch für kleinere und mittlere Vermögen einzuholen, sind digitale Ausschreibungsplattformen. Im institutionellen Bereich gibt es seit fast einem Jahrzehnt das Mandato-Tool von Institutional Money, einer Seite für institutionelle Kapitalanlage.
Für kleine und mittlere Stiftungen gibt es seit drei Jahren die Seite Finanzausschreibung.de (gehört wie RenditeWerk zur Unternehmensgruppe Dr. Elmar Peine). Finanzausschreibung funktioniert prinzipiell wie My Hammer, nur für Finanzdienstleistungen: Stiftungen schreiben Vermögensverwaltungsdienstleistungen (sinnvollerweise ab 250.000 Euro) aus, Banken, Fondsgesellschaften und unabhängige Vermögensverwaltungen können sich auf das Mandat bewerben. Die Nutzung ist für Investoren kostenfrei und unverbindlich. Wer Finanzausschreibung nur nutzen will, um den Markt zu eruieren oder eine Vorstellung von den Kosten für solch eine Leistung zu bekommen, kann das ebenfalls tun. Stiftungen bleiben auch vor einem Ansturm von Finanzdienstleistern bewahrt. Investoren können, solange sie möchten, anonym „in der Deckung“ bleiben. Umgekehrt sehen Sie Namen und Kontaktdaten von jedem Bewerber, können sofort in Kontakt mit interessanten Kandidaten treten und weitere Informationen anfordern oder gleich abschließen.
„Finanzausschreibung.de legt großen Wert darauf, strikt interessenkonfliktfrei und fair zu sein.“
Ein weiterer Vorteil von Finanzausschreibung: Das Ausschreibungsformular ist in sieben verschiedenen Stufen an den Kenntnisstand des jeweiligen Investors angepasst, d.h., ein Finanzmarkt-Anfänger braucht für eine Ausschreibung nur wenige leichte Fragen zu beantworten, währenddessen Profis auf institutionellem Niveau agieren können.
In drei Jahren wurden auf Finanzausschreibung.de mehr als 150 Ausschreibungen aufgesetzt, mehr als 200 Vermögensverwalter sind aktiv registriert und können sich auf passende Ausschreibungen bewerben. Wenn eine Stiftung gerne auch Bewerbungen aus der Region hätte, kann sie mithilfe der Deutschlandkarte bis zu 1.100 Anbieter zusätzlich zu einem Angebot auffordern.
„Den besten Vermögensverwalter finden – ohne zu suchen“ ist das Motto der digitalen Ausschreibungsplattform. Tatsächlich bewerben sich leicht 20 bis 50 Vermögensverwaltungen pro Ausschreibung mit der Eingabe der erforderlichen Gebührenhöhe. Nicht wenige bessern ihr Gebot im Verlauf der Ausschreibung noch mehrmals nach. Stiftungen erleben dabei einen richtigen Bieterwettkampf. Zusätzlich errechnet Finanzausschreibung zu jedem Bewerber noch die Passgenauigkeit, Matching-Relevanz genannt. Dabei vergleicht ein Algorithmus die in der Ausschreibung genannten Anforderungen mit den im Profil der Vermögensverwalter hinterlegten Angaben.
Finanzausschreibung legt großen Wert darauf, strikt interessenkonfliktfrei und fair zu sein. Deswegen nimmt man auf die Entscheidung des Investors keinerlei Einfluss. Verdienen tut die Plattform, wenn ihr ein Abschluss von Vermögensverwaltung und Investor/Stiftung gemeldet wird. Bis zu 0,97 Prozent der ausgeschriebenen Summe oder 25 Prozent von den nächsten vier Rechnungsstellungen nimmt die Plattform als Provision von der „siegreichen“ Vermögensverwaltung. Stiftungen, die besonders clever sind, können sich davon die Hälfte von Finanzausschreibung erstatten lassen, wenn sie sich als Tippgeber quasi selbst empfehlen.
So richtig scheint das Tool in der Stiftungswelt noch nicht angekommen zu sein. Zwar gab es schon einige Stiftungen, die ausgeschrieben haben, aber in der jüngsten Befragung hat keine Stiftung angegeben, eine digitale Ausschreibungsplattform schon einmal genutzt zu haben. Wer neugierig geworden ist und mehr Informationen will, kann sich direkt an RenditeWerk richten oder an einem der kostenlosen Webinare teilnehmen, die Finanzausschreibung.de veranstaltet. Das nächste findet übrigens am 7. Juni um 11 Uhr statt (zur Anmeldung) https://attendee.gotowebinar.com/register/9154215377629060877.