Neustart für die zweite Reihe

Stephan Albrech ist Vorstand der Albrech & Cie Vermögensverwaltung AG in Köln

Die großen Indizes DAX, Dow Jones und Nasdaq bewegen sich seit Wochen auf neuen Allzeithochs. Zu verdanken ist dies vor allem bekannten Big und Mega Caps wie Nvidia, Meta und Microsoft. Die Aktien in den Indizes der zweiten und dritten Reihe, MDAX, SDAX und der Russell 2000 in den USA notieren jedoch weit unter ihren früheren Höchstständen. Seit Januar 2023 hat der DAX satte 20 Prozentpunkte mehr gewonnen als der MDAX, der die mittelgroßen Werte in Deutschland repräsentiert. In den USA legte der S&P 500 als Barometer der dort gelisteten 500 Top-Werte mehr als doppelt so stark zu wie der Small Cap-Index Russell 2000.

Zinsen drücken Mid Caps
Die Schwäche der mittleren und kleinen Werte ist das Ergebnis der stärksten Zinserhöhungen seit Jahrzehnten in den USA und Europa. Denn Firmen dieser Größenordnung sind oft viel stärker von Darlehen, die sie von Banken als Kredite oder am Kapitalmarkt als Anleihen aufnehmen, abhängig als die großen Konzerne. Zinserhöhungen um ein, zwei oder sogar vier Prozentpunkte bringen die Gewinne in diesem Segment daher deutlich unter Druck. In der Folge rauschen ihre Aktienkurse weitaus mehr in den Keller.

Anleger werden belohnt
Auf lange Sicht jedoch werden Anleger, die in Mid und Small Caps investieren, für das höhere Risiko belohnt. Das zeigt der Vergleich über Jahrzehnte hinweg. Der MDAX hat seit dem Start vor knapp 30 Jahren fast eineinhalb Mal so stark zugelegt wie der DAX. Ein ähnliches Bild zeigt sich in den USA, wo der maßgebliche ETF auf mittelgroße Aktien seit dem Jahr 2000 rund doppelt so stark hinzugewonnen hat wie der älteste Indexfonds auf den S&P 500. Das bessere Abschneiden lässt sich damit begründen, dass die Gewinne bei den kleineren Unternehmen prozentual weit stärker zulegen als bei großen Firmen – wenn die Zinsen für Fremdkapital sinken und die Konjunktur brummt.
Zeiten, in denen Aktien der ganz großen Konzerne besser liefen als kleinere Unternehmen, gab es schon öfter. Jedes Mal endeten diese Phasen damit, dass die Mid Caps in den folgenden ein bis zwei Jahrzehnten deutlich stärker zulegten als die großen Werte. Wir gehen nicht nur davon aus, dass dies dieses Mal genauso sein wird, sondern auch davon, dass es bereits in Kürze zu diesem Umschwung kommen wird. Darauf deuten die Kursmuster der entsprechenden Indizes hin.
So hat sich der ETF SPDR S&P MidCap 400 (MDY, ISIN US78467Y1073) auf die 400 mittelgroßen Aktien in den USA aus einer zweijährigen Basis herausgearbeitet und steht nun auf der Startrampe für einen weiteren Aufschwung. Ganz nah an dieser Startrampe befinden sich auch die 2.000 amerikanischen Small Caps, die etwa im iShares Russell 2000 ETF (IWM, ISIN US4642876555) gebündelt werden.
Deutsche und europäische Mid und Small Caps sind noch nicht ganz so weit wie ihre US-Brüder. Sie dürften aber mitziehen, wenn große Investmentfonds verstärkt die Nachzügler aus der zweiten und dritten Reihe in den Blick nehmen.

Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Ihren Meinungen und Online-Anlagestrategien finden Sie auf https://www.v-check.de/