Doppelt von der Niedrigzinsphase profitieren

Von Nicolas Schmidlin, ProfitlichSchmidlin AG

Negative Staatsanleihezinsen stellen für viele defensive Anlagestrategien ein großes Problem dar. Es gibt allerdings auch Nischen am Kapitalmarkt, die von diesem Umfeld profitieren: Übernahmekandidaten in Deutschland. Aber warum gerade diese, und weshalb ausgerechnet in Deutschland?

Der Reihe nach: Das rekordtiefe Zinsniveau ermöglicht zum einen die günstige Finanzierung von Unternehmensübernahmen. Der Anstieg der Übernahmetätigkeit wurde selbst von der Corona-Krise nur kurzfristig gedämpft. Zum anderen hat der gesunkene risikofreie Zins, in der Unternehmensbewertung auch „Basiszins“ genannt, aber auch direkte Auswirkungen auf die erzielbare Unternehmensbewertung. Dies ist besonders in Deutschland relevant, denn dem Aktiengesetz zufolge haben niedrigere Zinsen direkt höhere Unternehmensbewertungen zur Folge: Strebt ein Großaktionär eine Strukturmaßnahme an, beispielsweise den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags, um direkten Zugriff auf das Zielunternehmen zu erlangen, oder sollen gar die Minderheitsaktionäre komplett über einen Squeeze-out herausgedrängt werden, so sieht das Aktiengesetz Schutzmaßnahmen vor.

Nicolas Schmidlin ist Vorstand und Mitgründer der ProfitlichSchmidlin AG.

Bei jeder dieser Strukturmaßnahmen muss eine angemessene Barabfindung im Rahmen einer Unternehmensbewertung bestimmt werden – je niedriger der Basiszins, desto höher die Barabfindung. Damit endet die Attraktivität dieses Sektors jedoch noch nicht, denn die Barabfindungen werden nachträglich im Rahmen eines Spruchverfahrens vor Gericht auf Angemessenheit überprüft. Dies bedeutet für den Investor eine attraktive Option auf einen Nachschlag.

Alles in allem weisen Aktien bei dieser Strategie einen gewissen Anleihe-Charakter auf. Die Nische der Aktien-Sondersituationen kann sich darum sehr gut eignen, um eine wertstabilisierende Säule in einem Mischfondsportfolio zu bilden. Genau diese wertstabilisierende Rolle nehmen Aktien-Sondersituationen, neben Anleihen-Sondersituationen, im ProfitlichSchmidlin-Fonds ein. Im Portfolio des Mischfonds befinden sich sowohl Positionen, bei denen ein Abfindungsangebot im Rahmen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags vorliegt, welches das Verlustpotenzial wirksam begrenzt, wie auch Nachbesserungsrechte auf Titel, bei denen ein Squeeze-out bereits vollzogen wurde. Durch letztere ergibt sich ein besonderer Optionscharakter: Führt ein Großaktionär einen Squeeze-out durch, so werden die Aktien der Minderheitsaktionäre zu der aus der Unternehmensbewertung abgeleiteten Barabfindung ausgebucht. Das gebundene Kapital fließt an den Fonds zurück. Im Gegenzug werden Nachbesserungsrechte eingebucht, die bei einer nachträglichen, gerichtlichen Erhöhung im Rahmen des Spruchverfahrens entsprechend an Wert gewinnen können. Die Strategie ist es hierbei, besonders vielversprechende Squeeze-out-Kandidaten vor der Ausbuchung groß zu gewichten, um so möglichst viele Nachbesserungsrechte zu sichern. Dies ist beispielsweise bei den Fällen von Linde, Innogy und Stada-Arzneimittel in den letzten Jahren gelungen. In den genannten Spruchverfahren setzen die Fondsberater die Ansprüche selbst vor Gericht als Antragsteller aktiv durch. Die Strategie ermöglicht unkorrelierte Erträge bei geringer Kapitalbindung. Per Dezember 2020 liegt das in Zusammenhang mit Squeeze-outs abgefundene Volumen bei 37,4 Mio. Euro im ProfitlichSchmidlin-Fonds.

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