Langfristiger Werterhalt im Fokus

Warum Stiftungen auch bei veränderter Zinslandschaft Immobilien treu bleiben

von Silke Harms, Director, PATRIZIA GrundInvest

Stiftungen verfolgen bei der Kapitalanlage ihres Stiftungsvermögens in der Regel zwei Ziele: erstens den langfristigen und inflationsbereinigten Kapitalerhalt des Stiftungsvermögens und zweitens das Erzielen regelmäßiger ausschüttungsfähiger Erträge zur Erfüllung des gemeinnützigen Stiftungszwecks.

Über Jahrzehnte hinweg war das keine große Herausforderung, denn beides ließ sich – abgesehen von kurzzeitigen herausfordernden Situationen – relativ einfach und bequem mit einer Mischung aus Festgeldkonten sowie Anleihen und festverzinslichen Bundeswertpapieren realisieren. In der jüngsten Vergangenheit wurden die meisten Stiftungen durch die mehr als zehn Jahre andauernde Niedrigzinsphase aus dieser gewohnten Komfortzone herausgedrängt. Zwar konnte der reale Kapitalerhalt angesichts der niedrigen Inflation häufig noch erreicht werden, was aber mehr und mehr fehlte, war der Cashflow zur Erfüllung des Stiftungszwecks. Mit jeder Refinanzierung einer ausgelaufenen Anleihe sanken die Kupons, und auf Bankkonten wurden nicht nur keine Zinsen mehr bezahlt, sondern umgekehrt teilweise sogar nominale Negativzinsen verlangt.

Was also tun? Manchen Stiftungen blieb nur übrig, sich entweder in eine Verbrauchsstiftung umzuwandeln (was durch eine Änderung des Stiftungsrechts erleichtert wurde) und sich eine begrenzte Lebensdauer einzugestehen, auf Spenden zu setzen – oder aber die Anlagestrategie gründlich zu überdenken. Die Folge war eine zwar langsam, aber stetig steigende Beliebtheit von alternativen Investments. Diese sollten möglichst wenig volatil, gut und leicht verständlich sein und vor allem verlässliche Cashflow-Erträge generieren. Alternative Investments, allen voran Immobilien, waren das Gebot der Stunde. Mehr und mehr Stiftungen steuerten ihre Portfolioallokation daher behutsam in diese Richtung um.

Immobilien bleiben auch unter veränderten Zinsvorzeichen gefragt

Mit der vor einem Jahr in Gang gesetzten Zinswende hat sich das Vorzeichen bei den Einlagenzinsen geändert und auch mit vermeintlich sicheren Anlagen wie Staatsanleihen oder auf Festgeldkonten lassen sich wieder zumindest nominal Erträge erzielen, die zudem gar nicht mehr weit hinter den Renditen vieler Immobilienfonds zurückliegen. Theoretisch könnten die Stiftungen das Rad also wieder zurückdrehen und ihre Portfolioallokation in Immobilien oder anderen alternativen Anlagen verringern, denn für den Cashflow zur Erfüllung des Stiftungszwecks werden sie ja nun nicht mehr unbedingt benötigt.

Allerdings hätten sie dann die Herausforderung, dass ihr oberstes Anlageziel, der reale, also der langfristige und inflationsbereinigte Kapitalerhalt des Stiftungsvermögens, nicht gewährleistet wäre. Von den ein bis zwei Prozent Inflation der vergangenen Jahre haben wir uns in Deutschland und der Eurozone seit Anfang 2022 deutlich entfernt. Inzwischen liegt die Inflation bei vier bis sechs Prozent, zeitweise betrug sie sogar zehn Prozent.

Bei festverzinslichen Wertpapieren oder Anlagekonten gibt es keinen Inflationsschutzausgleich, und genau das ist der große Vorteil von Immobilien: Sie generieren nicht nur den benötigten Cashflow, sondern können zusätzlich über ihre Wertentwicklung einen Inflationsschutz darstellen. Langfristig war es bislang meistens so, dass die Immobilienwerte der Inflationsentwicklung gefolgt sind – wenn auch mit leichter zeitlicher Verzögerung.

Mieten sind eine wichtige Grundlage für langfristigen Inflationsschutz

Steigende Mieten sind einer der wesentlichen Faktoren für eine positive Wertentwicklung von Immobilien. Die Mietpreise entwickeln sich langfristig meistens im Rahmen der Inflation. Gerade im Bereich der Gewerbeimmobilien – also Büro, Logistik, Einzelhandel, Hotels ­–, aber auch zunehmend im Wohnimmobilienbereich. Hierbei passt sich die Miethöhe automatisch an die jeweilige Inflationsrate an, das gilt auch für Mieteinnahmen, die (teilweise) an Umsatzerlöse gekoppelt sind. Steigt infolge der Inflation das Preisniveau, spiegelt sich das auch in dieser Mietertragskomponente wider. Aber selbst in starre Mietverträge fließt die Inflation auf lange Sicht mit ein, durch Neuverhandlungen nach Laufzeitende oder durch Fluktuation.

Ein Zurück zum Status quo der Vorniedrigzinsphase wäre langfristig bei der Anlagestrategie von Stiftungen daher keine gute Entscheidung, denn durch die Inflation würde langsam aber sicher der Wert des Stiftungsvermögens abschmelzen. Es gibt jedoch noch ein weiteres Argument, das für die Immobilie als Kapitalanlage spricht: die Möglichkeit, aktiv einzugreifen und zu gestalten. Anders als in der Regel bei Wertpapierallokationen haben Investoren, dazu gehören auch Stiftungen und ihre Asset-Manager, bei Immobilien die Möglichkeit, durch gezielte Maßnahmen das Potenzial für Mieterträge und die Bewertung der Immobilie aktiv zu beeinflussen – dazu gehören beispielsweise energetische Sanierungsmaßnahmen, Repositionierungen, Neuvermietungen und Ähnliches. Nebenbei bemerkt lässt sich auch das vielen Stiftungen sehr wichtige Thema Nachhaltigkeit auf diese Weise aktiv im Portfolio abbilden.

Doppelter Schutz vor Inflation und Zinsen

Ein Sinken der Multiplikatoren muss nicht notwendigerweise zu proportional sinkenden Bewertungen führen. Denn steigende Mieten können diesen Effekt zum Teil oder auch vollständig kompensieren. Das ist in anderen Assetklassen, die ebenfalls von diesem Zinseffekt betroffen sind, nicht vergleichbar möglich oder zumindest nicht aktiv beeinflussbar. So gesehen können Immobilien sogar einen doppelten Schutz vor Inflation und höheren Zinsen bieten.

Mit langfristiger Perspektive investieren

Zu vorübergehenden Schwankungen kann es auch an den Immobilienmärkten immer wieder kommen, die sich bei langfristiger Perspektive bisher jedoch noch immer geglättet haben. Eine solche langfristige Perspektive nehmen auch die meisten Stiftungen in ihrer Anlagestrategie ein, weshalb sie sich von kurzfristigen Entwicklungen nicht beirren lassen sollten. Im Gegenteil: Durch einen regelmäßigen Portfolioaufbau können sich Investoren schwächere Marktphasen über niedrigere Ankaufspreise sogar zunutze machen.

Erfolgreich in Immobilien zu investieren und zum Beispiel Wertsteigerungspotenzial aktiv zu heben, erfordert jedoch ein hohes Maß an spezieller Expertise und Immobilienkompetenz. Zudem können einzelne Immobilien bei einem Direktinvestment vor allem für kleinere Stiftungen schnell ein Klumpenrisiko darstellen. Ein kontinuierlicher Portfolioaufbau ist für die meisten Stiftungen allein über Immobilien-Direktinvestments gar nicht realisierbar. Deshalb führt kein Weg an geeigneten Fondslösungen für die Allokation in Immobilien vorbei, bei denen die Fondsmanager nicht nur das notwendige Wissen und den Marktzugang mitbringen, sondern auch den bei Immobilien nicht unerheblichen administrativen Aufwand stemmen.

Immobilien kennen- und schätzen gelernt

Zusammengefasst lässt sich sagen: Viele Stiftungen haben in der Niedrigzinsphase die Assetklasse Immobilien kennen- und schätzen gelernt, um dringend benötigte Cashflows zur Erfüllung ihres jeweiligen Stiftungszwecks zu generieren. Jetzt sollten sie auch unter veränderten Zinsbedingungen weiter am Ball bleiben. Diesmal allerdings nicht mehr mit Blick auf den Cashflow, sondern um den Werterhalt ihres Stiftungsvermögens zu ermöglichen. Vor allem manche kleinere Stiftungen stehen Immobilien und Alternatives allerdings noch mit einer gewissen Skepsis gegenüber, die jedoch mit der notwendigen Erklärungs- und Überzeugungsarbeit aufgelöst werden kann.