Kosten fressen Großteil der Rendite auf

Über Kosten sprechen Vertreter aktiver Fonds meist nicht gerne; Frank Wettlauffer, langjähriger Leiter der Betreuung institutioneller Kunden bei der Bank Sarasin und heute Berater des defensiven Stiftungsfonds des Jahres 2022, schon.

Frank Wettlauffer

RenditeWerk: Herr Wettlauffer, Sie behaupten, 90 % der Stiftungsfonds seien eigentlich zu teuer und damit nicht stiftungskonform. Wie kommen Sie zu der Erkenntnis?

Frank Wettlauffer: Ganz einfach. Gemäß dem Gebot der sparsamen Mittelverwendung ist es Stiftungen grundsätzlich untersagt, zu viel für eine Dienstleistung auszugeben. Dies gilt auch für Bankdienstleistungen, denn die Bezahlung von Banken ist ja keine gemeinnützige Tätigkeit. Wenn nun für die gleiche Leistung bei einem Fonds 0,5 % bezahlt wird und beim anderen bis zu 2 %, dann frage man sich schon, ob es nicht Fonds gibt, die für Stiftungen zu teuer sind. Um nun nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen habe ich die Kosten der untersuchten Stiftungsfonds ins Verhältnis zur Leistung, sprich der erwarteten Durchschnittsrendite, gesetzt. Eine Grenze von 30 % wurde als stiftungskonforme Kostenquote angenommen, da diese Quote auch bei den allgemeinen Verwaltungskosten und als Best Practice beim Fundraising gilt. Mir ist bewusst, dass diese Quote im Einzelfall nicht justiziabel ist und viele Fonds einen Drittvergleich bestehen, aber darum ging es mir bei der Studie gar nicht.  

RW: Worum ging es Ihnen denn dann?

FW: Die Studie dient dazu, die Stiftungen noch stärker für das Thema Kosten zu sensibilisieren. Bei den Kosten für externe Vermögensverwaltungen schauen die Stiftungen genau hin, da diese in die allgemeinen Verwaltungskosten eingehen. Die Kosten von Fonds interessieren Stiftungen und ihre Stakeholder viel weniger. Sie werden ja auch nicht gesondert in Rechnung gestellt, sondern einfach dem Fondsvermögen belastet. Der Anleger bekommt davon in der Regel nichts mit. Dennoch sind es natürlich Kosten für die Vermögensverwaltung. 

Ich habe schon bei Stiftungen die perverse Situation erlebt, dass für die individuelle Vermögensverwaltung weniger bezahlt wurde als für die gleiche Vermögensstruktur und die gleiche Anlagesumme mittels eines standardisierten Fonds. Im Übrigen ist es dann auch kein Wunder, dass Vermögensverwalter Interesse haben, alle möglichen Schrottpapiere zu kaufen, nur um noch ein paar versteckte Erträge zu generieren.

EP: Sind also Fonds zu teuer, weil Banken zu viel verdienen?

FW: Das kann man so pauschal nicht sagen. Der Vertrieb und die Beratung ist ja auch sehr aufwendig und muss von den Kunden bezahlt werden. Was man aber auf jeden Fall sagen kann ist, dass das Verhältnis zwischen Erträgen und Kosten nicht mehr stimmt: Bei Bruttoerträgen von 5 % sind Kosten von 1 % p.a. ok. Da verbleibt bei der Stiftung 4 %. Bei Nullzins-bedingten Erträgen von 1,5 % verbleiben halt nur noch 0,5 %. Dies ist nicht ok, aber leider die Norm: Bei 90 % der Stiftungsfonds machen die Kosten mehr als 30 % des erwarteten Ertrages aus – bei einigen bis zu 102 % der durchschnittlichen Rendite. Da kann man den Stiftungen nur empfehlen, sich nach Alternativen umzusehen. 

RW: Und was sind die Alternativen?

FW: Günstige Fonds – Sei es einer der sechs Stiftungsfonds aus der Studie mit Kostenquoten unter 30 %, seien es die preiswertesten von Renditewerk empfohlenen Fonds oder ETFs. Je günstiger umso besser. „Performance kommt, Performance geht, Gebühren schwanken nie“ sagte schon Warren Buffet. Die Kosten senken direkt und permanent den erzielten Ertrag. Und im Gegensatz zu Wein oder Schuhen gibt es bei Kapitalanlagen keinen Zusammenhang zwischen Preis und Qualität. Im Gegenteil! Alle Studien zeigen: die beste Performanceerwartung hat man mit dem preiswertesten Fonds. Deshalb sind ja ETFs so erfolgreich – trotz fehlenden aktiven Managements und Beratung.

RW: Sie empfehlen Stiftungen also ETFs? 

FW: Nicht unbedingt. ETFs sind zwar unschlagbar günstig und lassen daher eine überdurchschnittliche Wertentwicklung erwarten. Sie haben allerdings drei Nachteile die sie nicht für alle Stiftungen geeignet machen: Zum ersten muss eine Stiftung sich im Klaren sein, welche Vermögensstruktur sie mit ETFs abbilden möchte. Zur Abbildung dieser ist es notwendig zu wissen, was in den jeweiligen ETFs drin ist. Das versteht nicht jeder. Auch sind die an marktkapitalisierten Indizes orientierten ETF häufig nicht gut diversifiziert: Wer den DAX kauft hat vor allem Automobilwerte im Depot, der S&P 500 besteht zu einem Viertel aus Technologiewerten. Ganz schlimm ist diese Scheindiversifikation bei Rentenindizes, bei denen die größten Schuldner häufig am stärksten gewichtet sind. Zum zweiten haben ETFs gegenüber Mischfonds den Nachteil, dass die Aktienquote nicht im Fonds versteckt ist. Unausweichliche Wertschwankungen von Aktien werden also direkt sichtbar. Wegen der Annahme dauerhafter Wertminderung bei Kursverlusten von über 20 % haben einige Stiftungen mit so starken Wertschwankungen Probleme. Zum dritten haben ETFs den Nachteil, dass keine Vertriebsmannschaft bezahlt wird, die in Krisenzeiten das Händchen hält. Gerade das ist wichtig, denn es zeigt sich, dass unerfahrene Anleger häufig zum falschen Zeitpunkt verkaufen. Der Wert eines aktiven Fonds liegt also weniger in dem überdurchschnittlichen Portfoliomanagement, als in der Beratungs- und Betreuungsleistung, welche auch aus der Management-Fee bezahlt wird. Bei vollkommen unerfahrenen Anlegern kann der Nutzen dieser Leistung durchaus größer sein als die Fondskosten. Da es diese Leistungen bei ETFs nicht gibt, ist bei ihrem Einsatz ein gewisses Kapitalmarktverständnis notwendig. Aber es spricht ja nichts dagegen, sich dieses Verständnis bei einem unabhängigen Honorarberater einzukaufen. Oder auch erfahrene Stiftungsvertreter um Rat zu fragen. Für Stiftungen mit eigenem oder geborgtem Know-how sind ETFs wirklich empfehlenswert, da sie unschlagbar günstig sind.

RW: Dafür erzielen sie aber auch nur eine durchschnittliche Rendite. Es gibt doch viele Fonds, die in der Vergangenheit gezeigt haben, dass sie besser sind als die Konkurrenz – und dies nach Kosten! Wenn Stiftungen nur nach Kosten auswählen entgeht ihnen doch die Mehrrendite. 

FW: Natürlich gibt es bei zigtausend Fondsmanagern immer wieder einige, die eine überdurchschnittliche Rendite über einen langen Zeitraum aufweisen können. Dies ist allerdings kein Können, sondern bei den vielen Fonds statistische Notwendigkeit. Stellen Sie sich vor, dass jeder der tausend Fondsmanager 100 Mal gewürfelt hätte. Dann gäbe es sicherlich auch einige, die 10 Mal – oder sogar häufiger – hintereinander eine Sechs würfelten. Würden Sie diesen „Würfelexperten“ deswegen Ihr Vermögen anvertrauen? Glauben Sie einfach den Banken, die in allen Unterlagen schreiben: „Vergangene Performance ist kein Indikator für zukünftige Performance.“ Selbst wenn das ganz klein geschrieben wird stimmt die Aussage dennoch.

RW: Wenn aktives Management nichts bringt – warum haben Sie dann einen eigenen Fonds mit aktivem Management aufgelegt? 

FW: Aktives Management ist ja nicht systematisch schlechter als passives Management. Beides ist wegen der Effizienz der Kapitalmärkte grundsätzlich gleich gut. Entscheidend für die jeweils bessere Performance ist, dass die Kosten möglichst wenig von der Rendite auffressen. Und wie gesagt: ETFs haben auch gewisse Nachteile, die man mit einem, an den speziellen Bedürfnissen von Stiftungen orientierten, Fonds vermeiden kann. Hinzu kommt: da der Fonds auf Initiative von Stiftungen aufgelegt wurde und die Mittelzuflüsse ohne aktiven Vertrieb erfolgen, kommen die Kosten nah an die von ETFs heran. Wie gesagt sind ETFs entgegen landläufiger Meinung nicht nur deswegen so preiswert, weil sie kein aktives Management haben, sondern auch weil die Vertriebskosten wegfallen, die bei erklärungsbedürftigen Fonds häufig mehr als 50 % der Kosten ausmachen. Fallen bei einem Fonds die Vertriebskosten weg, dann kann er bei den Gesamtkosten in Nähe von ETFs kommen. Leider ist es nur so, dass gerade bei Stiftungen der alte Spruch gilt: „Fonds werden nicht gekauft, sondern verkauft.“ Aber vielleicht ändert sich das zukünftig wenn der Ertragsdruck aufgrund der Nullzinsen zunimmt. Das notwendige Angebot an Fonds ohne Vertriebskosten gibt es auf jeden Fall.

EP: Könnte es sein, dass Sie die Studie nur gemacht haben, um Werbung für den Smart & Fair-Fonds zu machen. 

FW: Natürlich mache ich auch Werbung für den Smart & Fair-Fonds – genauso wie für alle anderen kostengünstigen Fonds, die mangels Marketingbudget keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen können. Die Kausalität ist aber eine andere. Ich weise nicht auf hohe Kosten hin, um den Smart & Fair-Fonds zu bewerben, sondern habe den Smart & Fair Fonds im Auftrag von terre des hommes und andere Stiftungen initiiert, um mittels eines kostengünstigen Fonds die Erträge der Stiftungen zu erhöhen. Dies ist mein primäres Ziel. Wenn ich viel Geld verdienen wollte, wäre ich im Vertrieb geblieben.

RW: Na dann wünsche ich Ihnen und den Stiftungen viel Erfolg bei der Ertragssteigerung und danke für das Gespräch.

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Eine aktuelle Analyse der Wettlauffer Wirtschaftsberatung über die Kostenquoten von 53 in Deutschland angebotenen Stiftungsfonds kommt zu ernüchternden Ergebnissen:

  • Knapp 90 % der Fonds (47 Produkte) haben laufende Gesamtkosten von mehr als 30 % des erwarteten Durchschnittertrags. Bei 18 Fonds mindern die Kosten den Ertrag zu mehr als der Hälfte. Beim teuersten Fonds sind die Kosten höher als die Erträge.
  • Von sechs Fonds mit vergleichsweise günstigen Kostenquoten sind zwei mit Mindestanlagesummen zwischen einer und zehn Millionen Euro für kleinere Stiftungen ungeeignet.
  • Die vier auch für kleinere Stiftungen geeigneten Fonds sind so günstig, weil sie über keinen aktiven (Banken-) Vertrieb verfügen.

Die Studie kann unter info@wettlauffer.ch kostenfrei bezogen werden.