Konsumentenkredite als Renditequelle?

Wenn seit der US-Immobilienkrise ein Fonds aufgelegt wird, der in verbriefte Kredite investiert, sollten Interessierte genauer nachfragen. Wir haben das für Stiftungen getan.

Online-Verbraucherkredite boomen in Europa. So hat gemäß Untersuchungen des Alternative Finance-Centers der University of Cambridge das Volumen von P2P- und weiteren Marketplace Consumer Lending-Plattformen von 2015 bis 2019 um rd. 930 Prozent, von 406 Mio. Euro in 2015 auf 4,12 Mrd. Euro in 2019, zugenommen. Im Jahr 2020 fiel deren Volumen auf 2,9 Mrd. zurück, was auf die Coronakrise zurückzuführen ist und nur ein kurzfristiger Ausreißer nach unten sein dürfte.

Wie können Anleger von dem längerfristigen Boom partizipieren? Claus Tumbrägel, einer der Geschäftsführer des Fixed Income-Spezialisten Nordix aus Hamburg, kennt einen Weg: Seinen Fonds nordIX European Consumer Credit Fonds. Der stellt nämlich Online-Plattformen Geld zur Verfügung, welches diese an ihre Kunden ausleihen können. Oder andersherum: Der Fonds kauft den Plattformen ihre Konsumentenkredite ab. Also: Wenn eine Plattform wie Auxmoney zum Beispiel 3.000 Euro an einen deutschen Konsumenten für vielleicht drei Prozent Zinsen vergeben hat, „steigt“ der Fonds in den Kredit als Gläubiger ein.     

Interessant ist das Geschäft, weil die Renditen privater Konsumentenkredite noch vergleichsweise hoch sind. In Finnland zahlen private Kreditnehmer im Schnitt über sieben Prozent, in der Schweiz berappen sie immer noch fünf bis acht Prozent an Zinsen. In den Bilanzen der Banken, die in dem Geschäft involviert sind – BNP Paribas gehört dazu, die größte spanische Bank Santander, aber auch die Targobank, die Norisbank und viele andere – ist eine Bruttozinsmarge (Zinseinnahmen/Kreditsumme) von immerhin 4,5 Prozent verzeichnet. Mit Staatsanleihen ist das nicht zu erzielen. Die Zielrendite des Nordix-Fonds von vier Prozent nach Kosten scheint deswegen realistisch.

Für eine Stiftung, die einen Großteil des Vermögens in Anleihen anlegen muss und von solchen Renditen in diesem Segment sonst nur träumen kann, eine verlockende Aussicht. Wenn da nicht eine alte Erinnerung hochkäme. Kredite, die zusammengeworfen und dann in ein neues Produkt verpackt wurden, hatten wir das nicht schon mal?

Ja, in der Tat, die sogenannten Asset Backed Securities, mit denen sich US-Immobilienfinanzierer in den Nuller Jahren zum Höhepunkt des Immobilienbooms in den USA rückfinanziert haben. Die haben (mäßig sichere) private Immobilienkredite gekauft, in einen Fonds gepackt und dann als AAA- Produkt verkauft, bis die Immobilienblase platzte und scheinbar ganz sichere Fonds fallierten. „This time is different,“ sagt Claus Tumbrägel, einer der Geschäftsführer des Fondsemittenten Nordix. Wir fragten genau nach. Folgend die Antworten von Tumbrägel.  

Claus Tumbrägel
  1. Warum sollte es dieses Mal anders sein als bei der Verbriefung privater Immobilienkredite in den USA?

Claus Tumbrägel: Unser Fonds nordIX European Consumer Credit Fonds (nordIX ECCF) unterscheidet sich in jeder Hinsicht fundamental von Produkten aus der Zeit der Subprimekrise. Die Subprimekrise hat sich insbesondere durch zwei Faktoren ausgezeichnet. Zum einen waren Bonitäten der Kreditnehmer und Bewertungen der Immobilien völlig unangemessen. So wurden in sehr großem Ausmaß Immobilienkredite an Kreditnehmer mit geringer Bonität vergeben, während gleichzeitig die Bewertungen der zu finanzierenden Immobilien nach einem Jahre andauernden Boom viel zu hoch angesetzt wurden.


Der zweite Faktor war der unreflektierte Renditehunger der Investoren. Dieser führte zu hoch gehebelten Finanzierungsstrukturen, die Investoren noch höhere Renditen versprachen.

Wir achten bei der Kreditvergabe darauf, nur Kreditnehmern einen Kredit zu geben, deren Bonität angemessen ist und deren Ausfallwahrscheinlichkeit sich auf weniger als ca. drei Prozent beläuft.

Die Kreditplattformen haben über die Jahre gezeigt, dass die interne Bonitätsprüfung gut funktioniert und tatsächlich Kreditausfälle auf einem niedrigen Niveau bleiben. Insbesondere sind die Erträge nach Abzug aller Verluste aus Ausfällen noch immer attraktiv.

Außerdem vergibt der nordIX ECCF Kredite in stabile Märkte, also Länder mit stabiler Einkommens- und Verschuldungssituation der Bevölkerung ­ und hier liegt ein großer Unterschied – der Fonds versucht nicht, Finanzierungen in einem überhitzen Markt anzubieten.

Die Struktur der vom nordIX ECCF genutzten Finanzierungen unterscheidet sich maßgeblich. Der Nordix Fonds setzt keinen Hebel ein, um Verzinsungen und Renditen zu steigern.

  • Sind das nicht nur alles faule Kredite, die hohe Zinsen abwerfen?

Claus Tumbrägel: Nein, auf keinen Fall. Die hohen Zinsen sagen relativ wenig über die Bonität der Schuldner aus. Untersuchungen der Plattform Zopa zeigen, dass ein Zusammenhang der privaten Kreditzinsen mit den Refinanzierungsbedingungen der Banken sowie den marktüblichen Zinsen für andere Kredite kaum gegeben ist. In Finnland zum Beispiel würden gerade die Renditen der bonitätsstärkeren Kredite steigen.

Bezogen auf den Fonds sind etwa zwei Drittel der Gelder in bonitätsstarken (in den besten drei von fünf) Risikoklassen investiert.   

  • Wie viele der Kredite fallen denn aus?

Claus Tumbrägel: Nordix hat Ausfallwahrscheinlichkeiten errechnet, die im Fall von Finnland je nach Bonität des Schuldners zwischen 0,5 und 5 Prozent liegen. Daraus und durch die Zinsen ergeben sich die Renditen, gestaffelt nach den einzelnen Risikoklassen. Dabei zeigt sich, dass die mittleren Bonitäten am besten rentieren. In der Schweiz rechnet das Kreditinstitut Lend mit einem Ausfall von nur einem Prozent im Schnitt.

  • Welche Laufzeiten haben die Kredite denn?

Claus Tumbrägel: Es handelt sich zumeist um kurzfristige Kredite von unter vier Jahren.

  • Wie groß sind denn die Kredite?

Claus Tumbrägel: Die Kredite dürfen maximal 25.000 Euro betragen.

Das durchschnittliche Kreditvolumen liegt bei 5.000 Euro.

  • Haben Geldgeber einen Einfluss auf die Vergabekonditionen? Ist es nicht fatal, wenn eine Institution über die Vergabe der Kredite entscheidet und die Fondsanleger dafür im Zweifel haften müssen?

Claus Tumbrägel: Letztlich muss der Fondsanleger auf die Entscheidungen des Fondsmanagements vertrauen, wie in andern Fondsvehikeln auch – unabhängig, ob der Fondsmanager in Aktien, Renten oder Rohstoffe investiert. 
Vor Anbindung einer Plattform muss jedes Investment durch ein Komitee, das sich aus Investorenvertreten zusammensetzt, freigegeben werden. Durch diesen Prozess wird sichergestellt, dass Fondsanleger insbesondere bei Analyse und Due Diligence der Plattformen Einflussmöglichkeiten haben.

  • An wieviel Plattformen gibt denn der Fonds Geld?

Claus Tumbrägel: Momentan vergibt der Fonds an drei Plattformen Geld. Wir beabsichtigen bis zu 20 Plattformen anzubinden.

  • Wieviel von dem Bruttozins verbleibt denn bei den Plattformen?

Claus Tumbrägel: Die Plattformen geben den gesamten Zins an den Fonds weiter. Der Umsatz der Plattformen setzt sich aus zwei Komponenten zusammen. Einer Einrichtungsgebühr, die der Kreditnehmer zu entrichten hat, und einer Servicing Fee, die der Investor über die Zinseinnahmen abdeckt.

  • Es ist ja noch eine Gesellschaft (SPV) zwischengeschaltet. Wem gehört die und gibt es veröffentlichte Bilanzen dieser Firma?
    Claus Tumbrägel: Das SPV ist eine Luxemburger Verbriefungsgesellschaft, die per Definition keinen Eigentümer hat, aber von einer Betreibergesellschaft betrieben wird. Dies ist in unserm Fonds Chartered Opus in Düsseldorf, die die SPV für uns unterhalten.
    Die Verbriefungsgesellschaft stellt einen Jahresabschluss auf, der von einem Wirtschaftsprüfer testiert wird.

Vielen Dank für die bereitwillige Auskunft, Herr Tumbrägel!