Klicks statt Klasse

Gottfried Urban, Vermögensverwaltung Urban & Kollegen, Altötting

Immer mehr selbst ernannte Experten geben in den sozialen Medien Börsentipps. Für 1.000-Prozent-Empfehlungen wie für Crash-Propheten sind auf X, Youtube, Instagram, Facebook und Co. eine ideale Bühne. Oft wird dabei bewusst mit Informationen gespielt, um Anlage-Entscheidungen zu beeinflussen. Anleger müssen daher auf der Hut sein.

Es ist sehr erfreulich, dass sich immer mehr junge Menschen für das Börsengeschehen interessieren. Der Informationsbedarf wird unter anderem von jungen Finanz-Influencern auf TikTok, YouTube oder Instagram bedient. Dabei neigen viele dieser sogenannten Finfluencer zur übertriebenen Selbstdarstellung. Sie betonen die Gewinner, die sie angeblich richtig erkannt haben. Verluste und Fehleinschätzungen werden hingegen heruntergespielt oder einfach gar nicht mehr erwähnt.

Viele Follower, schlechte Performance

Die medial vorgestellten Depots und Aktien schlagen in der Rückschau komischerweise immer den Markt um Längen. Erfahrene Anleger wissen und Studien belegen, dass das nur in der Theorie möglich ist. Tatsächlich gibt es erste Studien, die sich mit den Anlagetipps von Finanz-Influencern beschäftigen und zu dem Ergebnis kommen, dass ausgerechnet die mit der schlechtesten Performance die meisten Follower haben. Das zeigt zum Beispiel eine Untersuchung des Swiss Finance Institute (https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=4428232).

Natürlich gibt es mittlerweile viele qualitativ hochwertige Online-Formate. Man sollte als Verbraucher aber stets vergleichen und genau hinterfragen, an welcher Stelle Geld verdient wird und wer gut zu den eigenen Anlagezielen passt. Es ist legitim, wenn Finfluencer über Werbeverträge mit Online-Brokern Geld verdienen. Sie sollten es nur transparent machen.

Wer Informationen aus den sozialen Medien bezieht, sollte auch wissen, dass die Online-Ratgeber keinerlei Verantwortung für das Geld der Nutzer übernehmen. Ihnen geht es um die Steigerung von Klickzahlen, Followern und Werbeeinnahmen.

Modethemen verteuern das Investieren

Vor zwei Jahren waren in der Finanzindustrie, aber vor allem in den sozialen Medien Titel aus den Bereichen Wasserstoff, Batterietechnik und Solarenergie die „Must Have-Aktien“. Die Rückschau zeigt: Abgesehen von einigen Ausnahmen gehörte der Sektor in den vergangenen 24 Monaten zu den schlechtesten. Dass sich stattdessen die Kurse von Shell (ISIN GB00BP6MXD84), Exxon (ISIN US30231G1022) und Co. gut entwickelten, wird von den Tippgebern als kurzfristige Punktsiege des konventionellen Energiesektors abgetan.

Solche Modethemen werden gerne ins Schaufenster gestellt, weil jeder darüber spricht. Aktuell gibt es fast nur positive Einschätzungen für den KI-Bereich. Wir finden es interessanter, auf die Themen zu setzen, die nicht im Fokus stehen. Bei Erneuerbare-Energie-Aktien etwa ist die Euphorie verflogen. Sie könnten für Anleger mit etwas längerem Atem interessant sein. Wir empfehlen hier keine Experimente und setzen auf etablierte Unternehmen, die genügend Cash vorhalten.

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