Hurra, die Zinsen steigen weiter und bleiben hoch!

Hans Peter Schupp, Vorstand der Fidecum AG und Portfoliomanager des Contrarian Value Euroland Fonds, über die Vorteile der Notenbankpolitik

Für Value-Investoren sind das aktuelle Zinsniveau und die Politik der Notenbanken ein wirklicher Grund zur Freude. Denn in der langen Zeit der Null- oder gar Negativzinsen stand allein der Geldmarktzins im Fokus. Der ist aber als Diskontierungsfaktor irrelevant. Wichtiger ist der Kapitalmarktzins, also der Langfristzins, mit dem die künftigen Gewinne diskontiert werden. Im Gegensatz zu früher haben die Notenbanken mit ihrer Geldpolitik nicht nur den kurzfristigen Zins, sondern über die Anleihekäufe auch den langfristigen Zins künstlich niedrig gehalten. Dieses wollen sie künftig lassen. Der langfristige Zins bleibt damit dem Kapitalmarkt überlassen – Angebot und Nachfrage. Folglich sollten die Zinsen am langen Ende wieder steigen, wenn der „marktbestimmende Käufer“ wegfällt. Und dass die Zinsen weiter steigen und noch eine ganze Weile hoch bleiben werden, das haben sowohl die US-Notenbank Fed als auch die EZB immer wieder deutlich gemacht.

Teure Immobilien oder ertragreiche Aktien?

Was bedeutet das? Schützen können wir uns davor eigentlich nur mit Realinvestitionen. Das sind zum einen Immobilien. Aber das „Kleingeld“ für eine Immobilie hat man in der Regel nicht einfach so herumliegen. Man benötigt also eine Hypothek. Bei hohen Zinsen ist das aber eine teure Angelegenheit. Und nicht vergessen: Die Baupreise steigen während der Bauzeit. Man kann also nicht vernünftig und realistisch kalkulieren.

Eine andere Realinvestition sind Aktien, also Beteiligungen an real existierenden Unternehmen. Doch im Gegensatz zu den letzten 15 Jahren, in denen Growth-Titel im Fokus standen, begünstigt die Inflation jetzt nicht mehr die hochpreisigen Wachstumstitel, sondern Titel mit niedriger Bewertung. Warum? Zukünftige Gewinne müssen nunmehr mit bedeutend höheren Zinsen diskontiert werden. Dadurch sinkt der Barwert der künftigen Gewinne signifikant. Das heißt auf der anderen Seite: Wenn die Gewinne sinken, spielt das weniger eine Rolle für den Barwert, als wenn die Zinsen weiter steigen. Und diese Zinssensitivität betrifft vor allem Wachstumstitel, da hier die Gewinne erst in der Zukunft erwartet werden. Das steht in krassem Gegensatz zu Value-Titeln, die heute schon Gewinne erzielen. Manche Unternehmen sind sogar hochprofitabel.

Savencia, das hochprofitable Käseimperium aus Frankreich

Ein Beispiel dafür ist etwa Savencia. Nun, diesen Namen kennen wohl die wenigsten. Die Produkte aber garantiert. Denn die Savencia SA mit Sitz in Viroflay bei Paris ist ein familiengeführter Milchindustriekonzern und ganz und gar auf Käse spezialisiert. In Deutschland ist man wie in vielen anderen Ländern sogar Marktführer mit Marken wie Géramont, Fol Epi, Saint Albray oder auch Milkana, Bresso, oder Le Tartare, um nur einige zu nennen. Das Unternehmen liefert seit Jahren stabile Erträge, schließlich gehören Lebensmittel zum täglichen Bedarf. Das KGV liegt bei 6,5, das bedeutet eine Rendite von über 15 Prozent. Und der Buchwert liegt gerade mal bei 0,5. Aber das Besondere ist: Savencia ist das konservativste Familienunternehmen, das man sich nur vorstellen kann. Und der einzige Grund, warum man gelistet ist, erklärt die Familie, die mit ihrem Käseimperium jährlich mehr als 5,6 Milliarden Euro umsetzt, mit dem lapidaren Satz: „Die Börse steht für die beste Kontrolle für unser Unternehmen. Das ist der einzige Grund, warum wir gelistet sind!“ Aus Investorensicht ein beruhigendes Argument.

K+S, die neue Ertragsperle aus Oberhessen

Ein anderes Beispiel ist K+S. Die Papiere des Kasseler Salz- und Düngemittelherstellers hatte vor ein paar Jahren kein Investor mehr mit der Beißzange angefasst. Der Grund war die sehr hohe Verschuldung. Dies lag unter anderem an der neuen Kali-Mine in Kanada, deren Errichtung sehr viel Geld verschlungen hatte. Diese Verschuldung ist aber mittlerweile abgebaut worden, da das Salzgeschäft in den USA zu einem unerwartet hohen Preis verkauft werden konnte. Jetzt ist man schuldenfrei und hat sogar noch Cash auf der hohen Kante. Hinzu kommt, dass K+S es geschafft hat, mit einer neuen Technologie seine deutschen Minen weiter zu betreiben. Die Mine in Kanada wird weiter ausgebaut und erst in rund 15 Jahren ihre maximale Produktionskapazität erreichen. Und last but not least: Im vergangenen Jahr hatten viele Landwirte wegen der hohen Preise auf die Verwendung von Kali-Dünger verzichtet. Das geht aber nur ein Jahr. Entsprechend hoch wird die Nachfrage in diesem Jahr ausfallen.

Die Zurückhaltung der Landwirte hatte übrigens dazu geführt, dass die Aktie von 35 auf unter 20 Euro gefallen ist. Da kommt es uns zugute, dass wir keine Daytrader sind, sondern als Deep-Value-Investoren einen langen Atem haben. Wir halten unsere Portfoliowerte schon länger als gerade mal 24 Stunden!