Futures sichern Gewinne

Der Derivate-Einsatz des Selection Rendite Plus  

Jörg Scholl, in den 90er Jahren Fondsmanager bei der DWS, der Fondstochter der Deutschen Bank und später Gründungsgeschäftsführer von Hauck & Aufhäuser AM, kennt sich insbesondere in der sicherheitsorientieren Verwaltung großer (Pensions-) Vermögen für Profianleger, den sogenannten Institutionellen, aus. 2015 machte sich Scholl mit seinem Kollegen und Rentenexperten Claus Weber selbständig und gründete die Selection Asset Management GmbH.   

Zahlreiche Kunden folgten den beiden Fondsmanagern. Auch der Publikumsfonds Selection Rendite Plus, den die beiden bei Hauck & Aufhäuser seit 2003 gemanagt hatten, wurde von den Fondseignern an die junge Selection Asset Management übertragen. 

Der Mischfonds, der einen durchschnittlichen (meist europäischen) Aktienanteil von etwa 40 Prozent hat und ansonsten in Anleihen investiert ist, darf bis zu 49 Prozent des Vermögens in Aktien halten. Die Cashquote darf maximal 51 Prozent betragen. Was die Wertentwicklung des Fonds anbelangt verfolgen die beiden das Ziel, innerhalb eines nachhaltigen Anlageuniversums stabil vier Prozent Wertsteigerung pro Jahr zu erwirtschaften und insbesondere starke Wertverluste zu vermeiden. 

Mit dem Einsatz von Derivaten erspart sich das Fondsmanagement, vereinfacht gesagt, den kurzfristigen (und oft nur vorübergehenden) Verkauf von Aktien. Wenn das Handelssystem des Selection Rendite Plus „rät“, den Aktienanteil zu senken, verkauft Scholl sogenannte Futures, typischerweise einen sogenannten DAX-Future. Er vereinbart durch dieses Finanzinstrument mit dem Käufer, dass er ihm (zum Beispiel in drei Monaten) den DAX-Index (also genau genommen die Aktien, die den DAX bilden) zu einem festen Kurs (zum Beispiel von 13.000 Punkten) verkaufen muss. In der Realität kommt es am Ausübungstermin nicht zum Händewechsel der Papiere, sondern zu einem sogenannten Barausgleich, der sich aus der Differenz des im Future vereinbarten Kurs mit dem dann gültigen Tageskurs des DAX ergibt. Wenn der DAX heute bei 13.000 Punkten steht und er sich in drei Monaten nicht ändert, hat das Geschäft keine weiteren Folgen. Sinkt der Dax-Kurs in der Zwischenzeit und steht in drei Monaten nur noch bei 10.000 Punkten, macht Scholl mit dem Future einen satten Gewinn, der für die Verluste entschädigen soll, die der Fonds mit seinem Aktienbestand in der gleichen Zeit erlitten hat. Steigt der DAX weiter und steht bei Fälligkeit über dem Futures-Wert, also etwa bei 14.000, muss Scholl dem Käufer das als Ausgleich zahlen, was ihm sein diesbezüglicher Aktienanteil an Gewinn bringt. Im Ergebnis neutralisiert Scholl mit dem Future einen Teil seines Aktienengagements (engl. Exposure).      

Natürlich könnte Scholl auch die Aktien verkaufen, in sicherere Papiere umschichten, wenn sein System ihm rät, das Aktien-Exposure zu senken. Das würde aber nicht unerhebliche Transaktionskosten nach sich ziehen und bei kleineren Werten auch einen gewinnmindernden Einfluss auf die Kurse haben. Deswegen verwendet er Dax-Futures, auch wenn mit diesen Derivaten streng genommen etwas verkauft wird, was der Fonds so gar nicht hat, weil erstens nicht alle DAX30 Titel im Fonds sind und zweitens darüber hinaus auch andere europäische oder amerikanische Aktien gehalten werden. Aber obwohl das exakte Maß, ein „Selection-Rendite-Plus-Fonds-Future“, nicht handelbar ist, reicht die Annäherung über den DAX (oder den Eurostoxx-Index) aus, um das Aktienengagement des Fonds effektiv zu steuern.  

Der Selection Rendite plus Fonds ist in mancherlei Hinsicht kein typischer Anwender von Futures. Die meisten (Stiftungs-) Fonds verkaufen Futures, wenn es darum geht, in einer mehr oder minder langen Verlustphase eine Marke für den gerade noch zugelassenen Maximalverlust nicht zu überschreiten. Sie verkaufen „unten“. Scholl hat sein System eher so programmiert, dass „oben“ verkauft wird. Dadurch ist der Fonds schon zu Beginn einer Abwärtsphase oft nicht mehr voll investiert und verliert dann häufig weniger als die Konkurrenz, obwohl eine strikte Verlustbegrenzung nicht existiert und die beiden Fondsmanager den Derivate-Einsatz nicht als Risiko-Management ansehen.

Bislang scheint das System der beiden Manager gut zu funktionieren. Die Ergebnisse können sich sehen lassen: Über die gesamte Lebenszeit kommt der Fonds auf eine Gesamtrendite von mehr als 110 Prozent.  Der maximale Verlust betrug in mehr als 15 Jahren lediglich 11,83 Prozent. Per Ende November 2020 erzielte der Fonds auch im schwierigen Covid-Jahr eine Rendite von über sieben Prozent (YtD).  Zum absoluten Höhepunkt der Corona-Krise (am 23. März 20) hatte der Fonds YtD. nur 6,7 Prozent verloren.