Familiengeführte Unternehmen sind Bollwerke in Krisenzeiten

Von Frank Fischer, Shareholder Value Management AG

In der derzeit schwierigen Börsensituation fragen sich viele Investoren: Wo kann man überhaupt noch anlegen? Steigende Zinsen, eine galoppierende Inflation, Rezession und eine Stimmung am Markt, die schlechter kaum sein kann. Wie wäre es, über familiengeführte Unternehmen nachzudenken? Es lohnt sich aus unserer Sicht.

Familiengeführte Unternehmen verfügen über ausreichend Eigenkapital

Familiengeführte Unternehmen haben in Krisenzeiten die besten Chancen zu überleben, denn sie haben eine deutlich höhere Eigenkapitalquote als nicht-eigentümergeführte Unternehmen. Bei den familiengeführten Unternehmen liegt nach einer Studie der TU München die Eigenkapitalquote bei 42 Prozent, bei den anderen sind es gerade mal 28 Prozent.

Familien gehen halt viel konservativer an ihre Investitionen und Ausgaben heran, als dies andere Unternehmen tun. Rein managergeführte Unternehmen haben das Problem, dass die Manager kein „Skin in the game“ haben. Sie sind – wenn überhaupt – nur in geringem Maße am Unternehmen beteiligt. Sie spüren also nicht jeden Tag am eigenen Leib, was ihre Entscheidungen mit dem eigenen Geld macht. Das ist bei familiengeführten Firmen anders, weil ein Großteil des Familienvermögens im Unternehmen steckt. Da ist man mit Haut und Haar im Unternehmen involviert.

Denken in Generationen statt in Quartalen

Und dann das Thema Zeit. Managergeführte Unternehmen denken von Quartal zu Quartal. Das muss nichts Verkehrtes sein. Mit einer langfristigen Entwicklung muss das aber nicht unbedingt etwas zu tun haben. Familiengeführte Unternehmen denken hier anders. Hier wird nicht in Quartalen gedacht, sondern langfristig, wenn nicht gar in Generationen. Deshalb stecken viele familiengeführte Unternehmen auch immer wieder viel Geld in Forschung und Entwicklung, weil sie ihr Unternehmen für die Zukunft fit machen wollen. Manager fahren dagegen öfter mal einen heißen Reifen, um gute Zahlen für die nächsten Quartalsabschlüsse vorzulegen. Geht das aber schief, geht man halt zur nächsten Firma. Das geht aber immer auch auf Kosten der Aktionäre. Das können sich Familienunternehmen nicht leisten.

Familien gehen mit Risiken ganz anders um. Denn bei ihnen geht es immer auch ums eigene Geld und das der Familie – und wenn man so will auch der künftigen Generation. Deshalb denkt man langfristig. Man verfolgt eine andere Zeitachse im Gegensatz zu managergeführten Unternehmen. Das hat auch viel mit nachhaltigem Wirtschaften zu tun. Nachhaltig, langfristig, generationsübergreifend. Das hat jetzt nichts mit ESG-Kriterien zu tun, sondern vielmehr mit der generationsübergreifenden Denke. Darauf achten wir als Investor sehr. Das ist gerade auch in der aktuellen Krisensituation sehr wichtig.

Fokus auf Qualitätsaktien

Familiengeführte Unternehmen sind in unserem Sinne oft auch Qualitätsaktien. Und in diese für unsere Mandate wie den Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen zu investieren ist unser Ziel. Gerade jetzt, wo an den Märkten die blanke Angst umgeht. Hier selektiv in gute, auf Langfrist orientierte Unternehmen zu setzen, kann sich mittel- bis langfristig nur positiv auf den Wert des Portfolios auswirken. Denn: Heute kann man mit Sicherheitsmarge kaufen. Ich zahle nur 60 Cent statt eines Euro für gute Unternehmen. Und hier sehen wir uns bei familiengeführten Unternehmen gut aufgehoben. Vor allem auch dann, wenn ein „wirtschaftlicher Burggraben“ um das Geschäftsmodell existiert. Das ist bei Familienunternehmen oft gegeben, da viele von ihnen in ihrer Branche Marktführer sind, weil sie eine Nische besetzen, in der sie absolute Wettbewerbsvorteile haben. Manche sind gar Weltmarktführer in ihrer Nische – und das schon seit einer langen Zeit.

Was sind aber Qualitätsaktien in unserem Sinne? Zum einen ist Größe kein Selbstzweck. Der Erfolgsmaßstab sind die erzielten Cashflows, eine „earnings-guidance“ ist wichtiger als jedes Quartalsergebnis. Das Geschäftsmodell überzeugt im Idealfall mit einer Kapitalrendite von über 20 Prozent bei einer überschaubaren Verschuldung. Wenn dann noch ein

Struktureller Wettbewerbsvorteil, als Verwässerungsschutz der Kapitalrenditen für mindestens 10 Jahre gegeben ist, dann sind die meisten unserer geforderten Bedingung für ein Engagement bei einem Unternehmen erfüllt. Und das ist bei familiengeführten Unternehmen der Fall.

„UiU“ – Vertrauen in die Mitarbeiter

Und nicht zu vergessen: Familienunternehmen achten in besonderem Maße auf die Mitarbeiter. Oder wie Erich Sixt immer betonte: „Auf die Überholspur kommt nur, wer dafür sorgt, dass sich seine sämtlichen Mitarbeiter als Unternehmer fühlen und auch entsprechend handeln dürfen.“ Eine Maxime, der heute auch Unternehmen wie Rational Küchen oder unser Portfoliounternehmen WashTec folgen. Da geht es um den „UiU“, also den Unternehmer im Unternehmen. Die Mitarbeiter werden voll akzeptiert, denn sie handeln im Interesse des Unternehmens. Die Zentrale ist schlank aufgestellt, Entscheidungen werden dezentral getroffen und das Know-how des einzelnen kommt voll zur Geltung. Das ist typisch für familiengeführte Unternehmen, weil sie wissen, dass der Erfolg stark von den Mitarbeitern getragen wird.

Skin & Soul in the Game

Und last but not least die Kapitalallokation. Viele angestellte Manager kaufen Aktien der eigenen Firma zurück, wenn deren Kurs hoch ist. Das ist aus unserer Sicht aber reines „Earnings-per-share-Tuning“ und eine Wertvernichtung. Das ist leider heute sehr häufig die Norm. Familienunternehmen kaufen dann Aktien zurück, wenn deren Wert unter dem Inneren Wert des Unternehmens liegt. Das ist sinnvoll und schafft auf Dauer Wert für die Aktionäre.

Skin und Soul in the Game! Deshalb plädieren wir dafür, dass sich angestellte Manager auch substanziell an den Firmen, für die sie arbeiten, beteiligen. Dann erleben sie am eigenen Leib, wenn es der Firma gut geht, aber auch, wenn es der Firma schlecht geht. Das muss sich merklich auf ihr Portemonnaie auswirken. Sonst macht es keinen Sinn. Dann ist es eine Win-Win-Situation für alle, nämlich für das Management aber auch für uns als Mitaktionäre. Buffett fragt in diesem Zusammenhang immer: „Lieben die Manager ihren Job, oder nur das Geld?“ Wenn es nur das Geld ist, dann sieht er von Investments ab. Das sehen wir genauso.

Unser Selbstverständnis als Investor ist das eines langfristig denkenden Unternehmens-Miteigentümers. Wir investieren nur dann, wenn das Unternehmen durch seine Strategie, sein Management und seine Produkte oder Dienstleistungen überzeugt. Und hier sind familien- bzw. eigentümergeführte Unternehmen klar im Vorteil. Denn dadurch wird der sogenannten Principal/Agent-Konflikt entscheidend reduziert, da nur bei inhaberkontrollierten Aktiengesellschaften die Manager auch gleichzeitig die Nutznießer bzw. Leidtragenden von Entscheidungen sind, die weitreichende Folgen für das Unternehmen haben. Das schafft Vertrauen, was wir sehr schätzen.