ETFs sind bestenfalls blassgrün

Max Deml ist seit 1991 Chefredakteur des Informationsdienstes Öko-Invest.

Gespräch mit Max Deml

Max Deml ist seit 1991 Chefredakteur des Öko-Invest, dem ersten Börsenbrief zum Thema nachhaltige Geldanlagen (oeko-invest.net). Sein Handbuch „Grünes Geld“ erscheint seit 1990. Der aus Bayern stammende Wiener, der Psychologie und Philosophie studiert hat, hat zudem zwei vielbeachtete Öko-Indizes, den „Natur-Aktien-Index“ (nx-25) und den ersten Solaraktien-Index (PPVX), 1997 bzw. 2001 aus der Taufe gehoben. Wir fragten Deml, wie er als verantwortlicher Stiftungsmanager anlegen würde.

RenditeWerk: Herr Deml, gesetzt Sie würden eine Stiftung ins Leben rufen, sagen wir mit etwa drei Millionen Euro an Stiftungsvermögen. Wie würden Sie das Thema Kapitalanlage angehen?

Max Deml: Ich würde erstmal Anlagegrundsätze und Anlagerichtlinien erstellen, die dem (nachhaltigen) Zweck der Stiftung entsprechen. Bei der Wahl der Hausbank würde ich eine Bank bevorzugen, in deren Geschäftsmodell Nachhaltigkeit verankert ist, auch wenn andere Banken evtl. günstigere Gebühren bieten.

RW: Wie fix würden Sie die Anlagerichtlinien erstellen?

MD: Alfred Nobel hatte in seinem Testament (1895) die Stiftung, aus der die Dotationen für die Nobelpreise erwirtschaftet werden, auf festverzinsliche „sichere“ Papiere festgelegt. Doch das hat im Lauf der Jahrzehnte die Renditen und damit die Preisgelder erheblich dezimiert. Erst als man entgegen dem Stifterwillen auch Aktien zugelassen hat, konnten die Preisgelder wieder erhöht werden, 2001 lagen sie wieder bei 10 Millionen Schwedenkronen. Also: Nicht zu eng für alle Zeiten festlegen!

RW: Würden sie Anlagequoten festlegen, die nicht überschritten werden dürfen?

MD: Zunächst würde ich Anlagefelder definieren, in die nicht angelegt werden soll, z.B. in Branchen wie Rüstungsproduktion, fossile Treibstoffe usw. Wenn Stiftungen möglichst „risikolos“ anlegen wollen und Anleihequoten von 70 Prozent oder mehr vorschreiben, stammen diese Festlegungen meist aus Zeiten, in denen Anleihezinsen über der Inflationsrate gelegen sind. Ich würde eher eine Aktienquote von 50 Prozent zulassen, das schon deshalb, weil auch die „sichersten“ Anleihen heute ein hohes Kursrisiko tragen.

RW: … ein Beispiel bitte.

MD: Bei den jetzigen Null- bzw. Negativzinsen stehen viele Anleihen, die zu 100 Euro zurückgezahlt werden, bei Kursen von z.B. 120% oder höher. Aber wenn die Marktzinsen wieder steigen, werden die Kurse dieser Anleihen erheblich sinken, manche wohl auch unter 100%.

RW: Okay, also 50 Prozent in Aktien? Wohin?

MD: Da empfehle ich zwei, drei „dunkelgrüne“ Aktienfonds wie z.B. einen Fonds, der unseren Naturaktienindex (nx-25) nachbildet. Dessen 25 Titel reichen von Beyond Meat über Geberit, Tesla und Tomra bis zur Umweltbank und Vestas Wind. Der Index ist 1997 bei 1.000 Punkten gestartet und hat rund 2.200 Prozent auf derzeit rund 23.000 Punkte zugelegt, während der MSCI Welt-Aktienindex – mit einer regional ähnliche Verteilung – rund 270 Prozent erzielt hat. Der Indexfonds auf den nx-25 soll noch diesen Sommer auf dem Markt sein, mit laufenden Kosten von unter einem Prozent.

RW: Das ist für einen Aktienfonds ziemlich günstig. Empfehlen Sie auch grüne ETFs, die ja auch sehr günstig sind?

MD: Viele ETFs sind meines Erachtens häufig bestenfalls ein blassgrünes Investment. Die milliardenschweren ETFs der großen Anbieter zum Beispiel verwenden auch Derivate oder haben das Problem, dass sie nur in Aktien von Konzernen mit hohen Handelsvolumina investieren können, die häufig – wie z.B. Apple oder Amazon – gerade noch Mindestkriterien erfüllen, aber alles andere als ESG-Vorreiter sind.       

RW: Okay, wie würden Sie die übrigen 50 Prozent für Ihre Stiftung anlegen?

MD: 20 Prozent oder mehr würde ich in eine grüne Immobilie investieren. Die Berliner Klimagut Immobilien AG hat gerade ein Haus fertiggestellt, das mehr Energie produziert als die Bewohner verbrauchen. Immobilien mit laufenden Mieterträgen und ggf. auch einer Wertsteigerung erscheinen krisensicher.   

RW: Was halten Sie von geschlossenen Fonds, etwa einem Solar-Fonds?

MD: Wenn es sich um seriöse Anbieter mit guten Standorten handelt, sind Solar- und Windparks nicht nur eine gut rentierende Anlageform, sondern bieten auch einen sehr hohem „Impact“: der erneuerbare Anteil im deutschen Strommix ist z.B. von unter 5 (1990) auf rund 50 Prozent gestiegen. Aber Vorsicht, es gibt auch unerfahrene oder gar betrügerische Anbieter.

RW: Okay, dann zur Anleihenseite.

MD: Im Bereich von verzinslichen Papieren würde ich derzeit nicht in Rentenfonds, sondern in Papiere einzelner Banken wie z.B. der Kommunalkredit Austria AG investieren, die mit diesem Geld kommunale Infrastrukturprojekte finanziert.

RW: Was ist mit Green Bonds?

MD: Tja, es bleibt im Fall von grünen Staatsanleihen – auch Polen bietet z.B. solche – letztlich der Staat, den ich damit finanziere. Dunkelgrüner sind da etwa green bonds des österreichischen Stromversorgers Verbund, dessen Stromerzeugung zu über 95% aus Wasserkraft kommt.

RW: Also bei Anleihen lieber in Einzelwerte investieren? Nicht in Fonds?

MD: Bei den heutigen Minizinsen fressen die Kosten von Fonds die Zinsen oft wieder auf. Im 1. Quartal 2021 lagen die ESG-Rentenfonds im Schnitt mehr als 1 Prozent im Minus.