Entscheidungen an den Wahlurnen

Claus Walter ist Geschäftsführer der Freiburger Vermögensmanagement GmbH in Freiburg

In diesem Jahr stehen jede Menge wichtige Entscheidungen an den Wahlurnen an. Die Wahlen in den USA, in Indien, in Europa und Russland könnten für Anleger enorme Auswirkungen haben. Aber müssen sie wirklich vor dem Ausgang zittern?
In diesem Jahr ist fast die Hälfte der Weltbevölkerung aufgerufen, zu den Wahlurnen zu gehen. Während bei den Präsidentschaftswahlen in Russland der Ausgang vorhersehbar ist, ist in anderen Ländern das Rennen völlig offen. In Amerika wird ein neuer Präsident gewählt. In Indien das Unterhaus. Das Europaparlament wird neu besetzt und in Deutschland wird so mancher Landtag andere Mehrheitsverhältnisse bekommen.
Eine Wiederwahl Donald Trumps ins Weiße Haus oder ein Erstarken rechtsextremistischer Kräfte in deutschen Landtagen könnte vieles auf den Kopf stellen. Zu Recht wird in den nächsten Monaten viel über die Folgen für die Geopolitik und den Erhalt der Demokratie diskutiert werden. Auch Anleger diskutieren, ob sie je nach Wahlergebnis um ihr Erspartes bangen müssen.


Begrenzte Auswirkungen
Im Großen und Ganzen überschätzen wir den Einfluss von Wahlen auf die Märkte.
Egal, ob im November Joe Biden oder Donald Trump ins Weiße Haus zieht, an der schuldenfinanzierten US-Wirtschaftspolitik wird sich wohl kaum etwas grundlegend ändern.
Daraus den Schluss zu ziehen, dass Politik überhaupt keine langfristigen Auswirkungen auf die Märkte hat, ist falsch. Ein verschärfter Konflikt mit China, den Trump zumindest im Wahlkampf in Aussicht stellt, wäre eine enorme Belastung für den Welthandel und keine gute Nachricht für deutsche Exportunternehmen. Zudem könnte eine Eskalation in Taiwan weitreichendere Folgen haben als der tobende Krieg in der Ukraine.
Die amerikanische Branche der erneuerbaren Energien dürfte unter einem Präsidenten Trump, der zu den Klimawandelzweiflern gehört, kaum zu den Gewinnern zählen. Zudem haben die Zinsentscheidungen der Zentralbanken großen Einfluss auf die Märkte. Im Prinzip sind die Zentralbanken zwar sowohl unabhängig von den Regierungen. Es wäre aber naiv zu denken, dass es keine politische Einflussnahme etwa durch die Besetzung der Gremien oder vorauseilende Rücksichtnahme, etwa auf die Lage der Staatshaushalte in Südeuropa, gibt.
Unwichtig sind also Wahlergebnisse nicht. Aber es gibt, das zeigen die Erfahrungen der Vergangenheit, sehr wahrscheinlich keinen Grund, als Anleger mit Panik auf das Ergebnis der Auszählung von Stimmzetteln hinzufiebern, wenn ein wichtiger Grundsatz beachtet wird:

Strukturelle Vorsorge
Um Einzelrisiken durch ungünstige Entwicklungen in einem Staat, einer Branche oder einer Region zu begrenzen, gilt: „Nie alle Eier in einen Korb legen.“ Dazu werden zum Beispiel Aktien von Unternehmen aus verschiedenen Ländern, Branchen und Währungsräumen gemischt. Der Einsatz von anderen Anlageklassen wie Anleihen oder Edelmetallen kann zusätzlich helfen, kurzfristige Schwankungen ein Stück weit abzufedern. Im optimalen Fall können Verluste bei Problemen in einem Bereich durch Gewinne in anderen Bereichen begrenzt oder sogar überkompensiert werden. Mit einer auf viele Standbeine diversifizierten Anlagestruktur können sie dem Superwahljahr relativ gelassen entgegensehen.


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