Die Zeit für Erneuerbare ist gekommen

Dirk Drews, Global Head of Sales Private & Business Clients, Commerz Real

Viele Privatanleger möchten mit ihrer Kapitalanlage neben einer langfristig attraktiven und möglichst verlässlichen Rendite auch eine gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, zum Beispiel in Hinblick auf die Themen Klimaschutz und Energiewende. Bestimmte Investments einfach auszuschließen genügt diesen Anlegern nicht mehr. Zudem hat die Diskussion um „Greenwashing“ viele verunsichert. Deshalb ist es an der Zeit, einen sachlichen Blick auf die bestehenden Möglichkeiten zu werfen.

Zunächst einmal ist festzustellen, dass nicht jedes Investment in Klimaschutz-Technologie, Erneuerbare Energien oder die benötigte Infrastruktur unmittelbar diesen Zwecken zufließt. Viele „grüne“ beziehungsweise „nachhaltige“ Anlageprodukte für Privatanleger basieren auf börsennotierten Aktien oder Anleihen von Unternehmen mit entsprechenden Geschäftsmodellen.

Dagegen ist im Grunde nichts zu sagen, dem Anleger sollte nur klar sein, dass sein Kapital beim Kauf einer Aktie oder Anleihe über die Börse in der Regel nicht direkt den Unternehmen zufließt, sondern dem Vorbesitzer dieser Wertpapiere. Dasselbe gilt für entsprechende Aktien- oder Anleihefondsstrategien. Die einzige Ausnahme bilden neue Aktien aus Kapitalerhöhungen oder Neuemissionen von Anleihen.

Horizontale und vertikale Investments

Diese Art der „horizontalen“ Investitionsstrategie – also Anleger handeln untereinander mit den Wertpapieren – ist somit unbedingt zu unterscheiden von einer „vertikalen“ Kapitalanlage, bei der die Anlagesumme entsprechenden Assets wie zum Beispiel Photovoltaik- oder Windenergieanlagen zufließt.

Hinzu kommt noch ein Nebeneffekt: Einige „nachhaltige“ Aktienfonds setzen auf „Best-in-Class“-Unternehmen oder schließen einzelne Geschäftsmodelle einfach aus, sind aber ansonsten breit investiert. Sie setzen also zum Beispiel gezielt auf die Autohersteller, die nach Meinung der Fondsmanager die klimafreundlichste Flotte produzieren, oder schließen Stromerzeuger mit einem Kernkraftwerks-Portfolio aus. Auch ein solcher Ansatz mag durchaus legitim sein. Nur sollte den Anlegern dabei klar sein, dass die tatsächliche Wirkung solcher Investments eine gänzlich andere ist als bei einer Investition, die konkret der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder ähnlichen Nachhaltigkeitszielen zufließt.

Kein „grauer Kapitalmarkt“ mehr

Abseits des Aktien- und Anleihemarkts waren die Möglichkeiten für Privatanleger, Investments mit nachhaltiger Wirkung etwa in Erneuerbare-Energien-Infrastruktur zu tätigen, lange Zeit begrenzt und eher dem wenig regulierten „grauen Kapitalmarkt“ zuzuordnen. Leider war nicht jede dieser Vermögensanlagen erfolgreich, und einige medienwirksame Pleiten haben alternative Investments in Erneuerbare zeitweise pauschal in ein schlechtes Licht gerückt.

Unbegründet, wie man inzwischen sagen muss. Denn neben geschlossenen Fondsstrukturen, die in erster Linie vermögenderen Anlegern vorbehalten sind und das Kapital für viele Jahre fest binden, gibt es inzwischen zwei offenere Fondsstrukturen, die auch semiprofessionellen und Privatanlegern ein transparentes, streng reguliertes und relativ flexibles vertikales Investment ermöglichen.

ELTIF und Infrastruktur-Sondervermögen

Das eine ist der European Long-Term Investment Fund, kurz ELTIF, der 2015 eingeführt wurde. Er erlaubt unter relativ offenen Rahmenbedingungen, die an Offene Immobilienfonds in Deutschland erinnern, den europaweiten Vertrieb entsprechender Fonds, die in bestimmte, nicht börsennotierte Unternehmen und Infrastruktur investiert sein können – und somit auch in Erneuerbare-Energie-Anlagen. Ein Ziel der europäischen Gesetzgeber war es, privates Kapital für die Finanzierung der Energiewende und anderer Infrastrukturprojekte zu mobilisieren, Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt zu erleichtern und Anleger an der Wertschöpfung dieser Unternehmen und Projekte partizipieren zu lassen. In der Anfangszeit führte der ELTIF zunächst ein Schattendasein, hat aber mit der Einführung entsprechender und passender Produkte inzwischen merklich an Fahrt aufgenommen. Diese Fahrt wird sich unseres Erachtens noch beschleunigen, denn mit der Reform der EU-weiten ELTIF-Verordnung (ELTIF 2.0) wird dieses Produkt auch für Anleger mit geringeren Mindestanlagesummen wesentlich attraktiver. Einzelne Details (Technische Regulierungsstandards, RTS) sind derzeit noch auf europäischer Ebene in der Abstimmung, sollten aber in Kürze geklärt sein.

Das andere Instrument ist das Offene Infrastruktur-Sondervermögen, das die Bundesregierung im Rahmen des sogenannten Fondsstandortgesetzes ab 2021 geschaffen hat. Es transportiert praktisch die Strukturen des Offenen Immobilienfonds in die Anlagewelt der Infrastruktur, wozu auch Erneuerbare gezählt werden. Die lang geforderte Einführung dieser neuen Produktklasse ist nur folgerichtig und zu begrüßen – ebenso, dass es auch schon Produkte gibt. Die Struktur ist per se nicht schlecht. Die Frage ist nur, ob sie sich als deutsche Insellösung dauerhaft wird durchsetzen können. Der ELTIF dürfte als europaweites Produkt auf lange Sicht eine größere Vielfalt bieten und erlaubt nach den jüngsten Anpassungen auch mehr Flexibilität bei der Assetauswahl und Liquiditätssteuerung als das Sondervermögen. Für unseren eigenen Fonds „Klimavest“ stand bei Fondsauflage 2020 nur der ELTIF zur Verfügung, das Infrastruktur-Sondervermögen gab es noch nicht. Der Appetit der Anleger auf Erneuerbare-Energien-Investments ist zweifellos vorhanden: Trotz der gesetzlichen Mindestanlagesumme von 10.000 Euro und der Erfordernis von mindestens 100.000 Euro verfügbaren Anlagevermögens, haben bis dato mehr als 20.000 Anleger rund 1,3 Milliarden Euro in Klimavest investiert.

Das Asset steht im Mittelpunkt

Das entscheidende Kriterium für den langfristigen Erfolg einer Kapitalanlage ist ohnehin weniger die rechtliche Struktur – sofern es sich zumindest um vollregulierte Vehikel handelt – als vielmehr die Qualität der Assets und der Ertragsströme. Erneuerbare-Energie-Anlagen erzeugen Strom aus Sonne, Wind, Wasserkraft, Geothermie und ähnlichen, nicht-fossilen Energiequellen. Im engeren Sinne sind zumeist Photovoltaik und Windkraft gemeint. Erforderlich ist zudem eine entsprechende Infrastruktur zur Speicherung, Einspeisung und Übertragung des Stroms.

Naturgemäß ist die Produktion aus Sonnen- und Windenergie tages- und jahreszeitlichen sowie witterungsbedingten Schwankungen ausgesetzt. Bei langfristigem Investitionshorizont sowie breiter Streuung über Erzeugungsarten und -orte gleichen sich diese Schwankungen aber größtenteils aus. Im langfristigen Verlauf können die Stromerträge relativ gut prognostiziert werden. Der zweite wesentliche Faktor neben der Stromproduktion ist dessen Vermarktung. Der unmittelbare Strommarkt ist sehr volatilen Preisen ausgesetzt. Mehr Stabilität versprechen staatlich über einen Zeitraum von in der Regel 20 Jahren garantierte Einspeisebedingungen oder langfristig vereinbarte Stromabnahmeverträge mit Versorgern oder großen Verbrauchern, zum Beispiel aus der Industrie.

Erneuerbare sind kein Spekulationsobjekt

Solche Strategien sind gut geeignet, um die Volatilität von Erneuerbare-Investments zu verringern. Grundsätzlich sollten Erneuerbare aber immer als Langfrist-Investments verstanden werden. Kurzfristige Wertschwankungen wie etwa an den liquiden Aktienmärkten sind hierbei nicht vorgesehen, genauso wenig wie langfristige Wertzuwächse wie an den Immobilienmärkten. Bei Erneuerbaren handelt es sich um Betriebsvermögen, das im Laufe der Zeit abgeschrieben wird – und währenddessen attraktive Cashflows generiert. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Wer als Anleger genau das sucht – und gleichzeitig mit seiner Investition die Energiewende unterstützen will, der findet heutzutage ein entsprechendes Produktangebot, das es in dieser Form noch vor wenigen Jahren nicht gab. Der politische Rückenwind für das Thema Energiewende sollte zudem dafür sorgen, dass privatem Kapital noch mehr als bisher der Weg bereitet wird.