Die ELTIF-Reform – Frisches Geld für die Energiewende

Mit einer neuen Verordnung will Brüssel 2024 mehr Geld für Nachhaltigkeit mobilisieren. Elmar Peine analysiert, weshalb die Reform für Stiftungen eine gute Chance sein könnte.

Kurz vor Weihnachten. In vielen Teilen Deutschlands schneit es endlich mal wieder. Fast ungläubig sehen Betreiber von Skipisten, Almhüttenbesitzer und Winterportbegeisterte das „Phänomen“. Sogar eine weiße Weihnacht scheint in manchen Regionen Deutschlands möglich. 

Aber keine falsche Hoffnung: Auch das Jahr 2023 wird weltweit wieder eines der heißesten seit Messungsbeginn sein. Dass das weltweite Klima sich vor allem durch menschliches Wirtschaften verändert, bleibt die Mehrheitsmeinung der Experten; dass etwas getan werden muss, um wenigstens das Zwei-Grad-Klimaziel einzuhalten, ebenso. Deutschland und Europa wollen dabei vorangehen und auch deswegen hatte Brüssel 2015 eine neue Fondsart zugelassen, die helfen sollte, Kapital für den Kampf gegen den Klimawandel herbeizuschaffen: ELTIF, European Long Term Investment Funds. Nicht zufällig hatte man sich bei der Namensgebung an die positiv konnotierten ETF angelehnt, in die immer mehr Geld einfließt und die sowohl bei großen professionellen wie auch bei Kleinanlegern beliebt sind. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Anlageformen: Anders als ETFs, die quasi nur in liquide Werte an der Börse investieren dürfen, also in Anleihen oder Aktien mit entsprechender Zulassung, können ELTIF die Anlagegelder etwa auch direkt in nachhaltige Energiegewinnungsanlagen investieren, in Windparks, Geothermie- oder auch Solaranlagen, deren Werte nicht an der Börse gehandelt werden. Sie sind deswegen zwar nicht so liquide wie ETFs, können also nicht börsentäglich ge- oder verkauft werden und scheinen deswegen vor allem für Anleger mit viel Zeit wie Stiftungen, aber nicht so sehr für Kleinanleger geeignet, dafür darf ihr Nachhaltigkeitsimpact – verglichen mit dem von ETF – als größer angenommen werden.

ELTIF sind erkennbar für professionelle und semiprofessionelle Anleger konzipiert, praktisch wurde ein liquides Vermögen von etwa 500.000 Euro beim Investor vorausgesetzt. 

Schade nur, dass der Markt und insbesondere die semiprofessionellen Anleger diese hochgelobten Produkte bislang nicht besonders gut angenommen haben. Weniger als zehn Milliarden Euro sollen bis Ende 2023 europaweit investiert worden sein, weniger als ein Prozent des Geldes, das in gleicher Zeit in ETF angelegt wurde; für eine nennenswerte Unterstützung der Energiewende viel zu wenig. Die Investmentsummen in Frankreich und Italien gelten als ordentlich, in Deutschland sind sie beschämend niedrig. Auch wir von Renditewerk haben dieses Instrument bislang leider kaum beachtet und so gut wie nicht darüber berichtet.

Um jetzt den Durchbruch für ELTIFs zu schaffen, hat der europäische Gesetzgeber noch einmal nachgelegt. Die neue Verordnung (ELTIF-VO neu) tritt am 10. Januar 2024 in Kraft und ändert die ursprünglichen Regelungen aus dem Jahre 2015 in wesentlichen Punkten. Das Ziel ist offenbar: Man will die Fonds für weitere Anlegerkreise interessanter machen, um die dringend benötigte Finanzierung für die Energiewende zu sichern. Semiprofessionelle Anleger wie Stiftungen stehen gar nicht mehr so im Fokus wie bei der ursprünglichen Fassung der ELTIF-Verordnung, aber gerade mit den neuen Möglichkeiten sind sie für nachhaltig orientierte Stiftungen eine attraktive Alternative (s. auch unsere Auswahl der Stiftungsfonds des Jahres):  Im Folgenden haben wir die wichtigsten Änderungen der neuen, ab dem 10.1.2024 gültigen gegenüber der ursprünglichen ELTIF-Verordnung von 2015 aufgeführt.

  • Keine Mindestanlage mehr

Bisher musste ein Privatanleger mindestens 10.000 Euro investieren und mindestens ein Gesamtportfolio von 100.000 Euro nachweisen. Das bedeutete unter anderem einen erheblichen Aufklärungs-, Abfrage- und Dokumentationsaufwand auf Vertriebsseite. Der dürfte künftig fast ganz wegfallen, weil Mindestanlagesumme und Vermögensanteile keine Rolle mehr spielen. Es gelten dann die Regeln wie etwa für Publikumsfonds, in die allein in Deutschland mehrere Billionen Euro investiert sind.

  • Keine Diversifizierungserfordernisse

Die vielleicht bedeutsamste Änderung ist die Möglichkeit eines Ein-Produkt-ELTIF. Das scheint der Fondsidee als solches zu widersprechen, weil Fonds ja gerade die prototypische Umsetzung des Diversifizierungsgedankens („…nicht alle Eier in einen Korb“) in der Kapitalanlage sind. Man sieht die Not des Gesetzgebers. Aber: Der Ein-Produkt-ELTIF schafft sich durch die Regelung ganz neues Potenzial. Er könnte in Zukunft eine Art Verbriefungsmantel werden. Ein Solarpark etwa könnte in einen ELTIF gepackt werden und dieser ELTIF, mit  einer ISIN versehen, könnte dann ohne Aufwand gehandelt werden.

  • Mehr Anlagefreiheit

Wie sich die nachhaltige Anlage verändern könnte, wird auch durch den Verzicht auf einen Mindestwert eines ELTIF-Bestandteils deutlich. Nach der Reform können nämlich auch kleinere Anlagen, Wertpapiere oder ähnliches erworben werden. Ein Solarpark, an dem sich ein ELTIF beteiligen möchte, muss jetzt keinen Wert mehr von mindestens 10 Millionen Euro haben, er darf sogar weniger als eine Million Euro kosten.

Größere Beinfreiheit wird den Fondsmanagern auch in Bezug auf investierbare Produkte zugestanden. Sogenannte eligible Assets, also Wertpapiere, für die nach dem Kapitalanlagegesetz keine Erwerbsbeschränkungen gelten, müssen künftig nur noch 50 statt wie bisher 70 Prozent des ELTIF-Vermögens ausmachen. Es darf in Einzeltitel, aber auch in „normale“ wie auch in „alternative“ Investmentfonds (also auch in andere ELTIF) investiert werden.

  • Mehr Rendite durch mehr Schulden?

Bislang war höchstens eine Verschuldung von 30 Prozent des Fondsvermögens erlaubt. Künftig dürfen die Fondsmanager im Geschäft mit Stiftungen bis zu 50% an Fremdkapital aufnehmen. Wenn es sich dabei um professionelle Anleger handelt, sind sogar 100% Verschuldungsgrad erlaubt. Die Bedeutung der Verschuldung wird umso größer, je niedriger die Sollzinsen und je höher die Erträge der Anlage sind. Wenn ein ELTIF sich Geld zu niedrigen Zinsen (zum Beispiel 1%) leihen und das renditeträchtig (z.B. zu 5%) anlegen kann, ergibt sich daraus ein enormer Hebel, der die möglichen Renditen der ELTIF-Investoren deutlich erhöhen (aber auch senken) kann. Das Fremdkapital darf aber auch zur Sicherung der Liquidität, also ohne Renditesteigerungsabsicht, eingesetzt werden. Gute Manager sollten von diesen Freiheiten profitieren können.

  • Erweiterter Vertrieb

Künftig dürfen auch Finanzanlagenvermittler ELTIF vertreiben. Diese eher technisch scheinende Änderung könnte enorme Folgen haben, wenn entsprechende Anreize für die Vermittler etwa im Geschäft mit Stiftungen geschaffen werden. Bei Vermittlung an Kleinanleger, das sollte bremsen, wird es allerdings bei einer Geeignetheitsprüfung bleiben.

Zusammenfassend darf man gespannt sein, ob ELTIF durch die Änderungen insgesamt stärker zu einer Nachhaltigkeitswende beitragen können. Wir glauben, dass gerade Stiftungen, die einen längeren Anlagehorizont haben, sich von der Reform angesprochen fühlen sollten.