Der gallische Hahn zeigt sich stolz und stark
Hans Peter Schupp, Vorstand der FIDECUM AG und Portfoliomanager des Contrarian Value Euroland Fonds, über die Aussichten für französische Aktien
Frankreich kommt nicht zur Ruhe. Nach der Billigung der umstrittenen Rentenreform durch den französischen Verfassungsrat ist es in Frankreich landesweit weiter zu Protesten gekommen. In Nizza zogen Demonstranten über die Uferstraße. Auch in Rennes wurde der Ton scharf: Das Urteil sei eine Kriegserklärung, sagten Demonstrierende in der bretonischen Hauptstadt, wenig später brannte dort ein Polizeikommissariat. Und ein Ende ist nicht in Sicht.
Börse trotz dem politischen Wirbel
Die wirtschaftliche Belastung für die französische Wirtschaft ist heute schon beträchtlich. Endgültige Zahlen liegen zwar noch nicht vor, aber der Schaden wird auf viele Milliarden Euro geschätzt. Viele Unternehmen sind direkt betroffen, andere leiden unter den Protesten und Streiks. Und was macht die Börse? Der geht es blendend! Seit Jahresbeginn hat der französische Leitindex CAC 40 knapp 15 Prozent zulegen können.
Französische Konzerne mit starker internationaler Präsenz
Wo liegen die Gründe? Frankreichs Konzerne machen mit Ausnahmen der Versorger und der Immobilienunternehmen ihre Umsätze zumeist im Ausland. Sie haben historisch ihren Hauptsitz zwar in Frankreich, aber die Musik spielt für sie im Rest von Europa und weltweit auf allen Kontinenten. Ein paar Beispiele, die als repräsentativ gelten können: Savencia, ein Unternehmen aus dem Portfolio unseres Contrarian Value Euroland Fonds, ist Europas größter Käseproduzent mit Sorten wie Bresso, Caprice des Dieux, Fol Epi oder Géramont. Der Konzern macht in ganz Europa 46 Prozent seines Umsatzes, den Rest überall auf der Welt. Frankreich ist also alles andere als dominant. Oder der Hersteller von Feuerzeugen, Kugelschreibern und Rasierern, die BIC Group. Das Unternehmen macht weniger als ein Drittel seines Umsatzes in Europa, Middle East und Afrika. Und als letztes Beispiel Trigano. Der größte Wohnmobilhersteller Europas generiert weniger als ein Viertel des Umsatzes in Frankreich. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Gewinne der Tochtergesellschaften werden für Aktienrückkäufe genutzt
Auf der anderen Seite darf man nicht vergessen: Paris ist mächtig. In Frankreich ist der Staat stark und greift bei den Unternehmen mit Steuern, Vorschriften und Beschränkungen oft kräftig zu. Und was können die Unternehmen machen? Nun, sie könnten sich einer Art „Trick 17“ bedienen. Sie lassen die Gewinne bei den Tochtergesellschaften im Ausland. Diese wiederum verwenden ihre Gewinne, um Aktien der Muttergesellschaft zurückzukaufen. Das ist absolut legal und kommt dann den Aktionären zugute: Weniger Aktien auf dem Markt führen zu höheren Gewinnen je Aktie.
Ländergewichtungen spielen für uns keine Rolle – nur das Unternehmen selbst zählt
Wir sind in unserem Fonds in Frankreich leicht übergewichtet. Aber das hat weniger mit dem Land an sich zu tun. Es gibt in Euroland schon noch stärkere und schwächere Länder. Wir versuchen aber die starken Länder zu meiden. Wir investieren eher in den schwächeren Ländern, weil die nicht so sehr im Fokus der Analysten und Anleger stehen. Denn für uns dreht sich alles um die Bewertungen der einzelnen Unternehmen. Da spielen Ländergewichtungen keine Rolle. Aber diese günstig bewerteten Unternehmen findet man nun mal eher in den wirtschaftlich schwächeren Ländern. Zu diesen gehört im Moment auch Frankreich. Denn geopolitische und wirtschaftliche Unsicherheiten machen sich auch bei unseren Nachbarn bemerkbar. Während für 2022 noch ein Wachstum von rund zwei Prozent erwartet wurde, könnte es im Jahr 2023 ein Nullwachstum werden. Präsident Macron und seine Probleme lassen grüßen.