Das Jahr für noch stärkere Nerven

Das Jahr für noch stärkere Nerven

2020 hatten wir die Ergebnisse der Umfrage zum Stiftungsvermögen, die RenditeWerk alljährlich vornimmt, mit „Das Jahr für starke Nerven“ umschrieben. 2021 kam es dann noch etwas härter. Das gilt für die Pandemie, bei der diverse Mutationen trotz Impfstoffen für Angst und Schrecken sorgten. Das gilt auch für die geopolitische Lage mit der Zuspitzung des Ukraine-Konfliktes. Es gilt auch für die Klimawende, die mit erheblichen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden sein dürfte. Von der Inflationsgefahr, den Versorgungsengpässen, dramatisch steigenden Energiepreise etc. ganz abgesehen.

Unerwartet sehr zufrieden

107 Stiftungen haben sich an der diesjährigen Umfrage beteiligt. Die allermeisten von ihnen waren mit der Entwicklung des Stiftungsvermögens zufrieden oder sehr zufrieden. 47 Prozent hatten auf unsere seit 2014 durchgeführten Umfrage geantwortet, sie seien „sehr zufrieden“ mit dem Anlagejahr. So viele zählten wir noch nie. „Sehr zufrieden oder „zufrieden“ zeigten sich gar 72 Prozent der teilnehmenden Stiftungen. Die Freude ist wohl auch deswegen so groß, weil das Ergebnis angesichts der Umstände für nicht wenige Stiftungen „insgesamt eine eher unerwartete Entwicklung“ war.  Eine andere Stiftung kommentierte: „Bestes Ergebnis seit 2000“.

46 Prozent der teilnehmenden Stiftungen gaben an, Gewinne von mehr als zwei (und weniger als 10%) erwirtschaftet zu haben. 19 Prozent verzeichneten sogar Gewinne, die größer als zehn Prozent ausfielen. Verluste von mehr als zwei Prozent gaben nur zwei Prozent an, mehr als zehn Prozent Miese machte demnach keine Stiftung.

Stiftungsfondsanteil stagniert

Hohe Gewinne sind eng korreliert mit einer hohen Aktienquote. Stiftungen, die den Mut hatten, viele Unternehmensbeteiligungen zu halten, wurden belohnt. Eine der erfolgreichen Stiftungen berichtet:  

„Im Laufe des Jahres 50% + bei nachhaltigen Aktien.“ Insgesamt setzten sich, was die Zusammensetzung der Stiftungsvermögen betrifft, langfristige Trends fort. Die Anteile an  Termingeldern, Giroguthaben und Geldmarktpapieren verringerten sich weiter („2-3% Rendite ist besser als Verwahrgeld zu zahlen“), Sachwerte wie Aktien oder Immobilienbestände wuchsen weiter an. Im Vergleich zu 2017 fällt vor allem der deutliche Anstieg bei Aktien und Immobilien auf, unternehmerische Beteiligungen konnten ihren Anteil leicht erhöhen. Stiftungsfonds scheinen dagegen den Höhepunkt ihrer Attraktivität für Stiftungen überschritten zu haben.

Die Entwicklung beginnt mit unserer Befragung 2014, bei der 17 Prozent der Teilnehmenden in Stiftungsfonds investiert waren. 2017 waren es schon 30 Prozent und am bisherigen Höhepunkt 2018 über 40 Prozent. 2019 hatten dann noch 37 Prozent der Stiftungen die auf sie zugeschnittenen Fonds, 2021 waren es noch 36 Prozent. Es sind dabei nach unserer Beobachtung eher die Kunden von Sparkassen und Banken, die in Stiftungsfonds investiert sind. Selbstentscheider, nach wie vor die Mehrheit der uns Antwortenden, haben nach unseren Daten eher seltener Stiftungsfonds.

Übrigens: Während der Anteil der Stiftungen, die sich von Banken, Sparkassen und Volksbanken verwalten lassen, stagniert, befinden sich unabhängige Vermögensverwalter weiter auf dem Vormarsch. Mittlerweile geben fast 12 Prozent der Stiftungen an, ihr Vermögen von Unabhängigen steuern zu lassen.  

Nachhaltige, Aktien- und Immobilien-Investments sollen ausgebaut werden

Den größten Sprung nach vorne in den Depots der Stiftungen haben im vergangenen Jahr laut Umfrage Immobilien gemacht. Von 49 Prozent stieg der Anteil auf über 55 Prozent. Aktien fielen leicht auf 56 Prozent zurück. Dass die Stiftungen ihre diesbezüglichen Ausbaupläne nicht einhalten konnten, lag wohl an dem geringen Vertrauen in die Notenbanken und die Rationalität der Marktteilnehmer („Blasenentwicklung aufgrund der Notenbanken“).

Wenn die Stiftungen ihre Pläne dieses Jahr vollumfänglich einhalten, dann wird auch 2022 die Immobilie weiter an Boden gewinnen. Allerdings haben weniger Stiftungen die Absicht geäußert, in Immobilien zu investieren als noch 2021. Deutlich mehr Stiftungen als noch 2021 wollen ihren Aktienanteil in diesem Jahr erhöhen. Die Dynamik in diese Richtung nimmt sogar noch zu, aber so ganz eindeutig ist der Trend nicht. Auch die Zahl der Stiftungen, die an eine Senkung des Aktienanteiles denken, nimmt zu. In dieser Richtung gehen auch einige Kommentare, die uns erreichten. „Ab jetzt etwas vorsichtiger, Aktienanteil wird auf 50% reduziert zugunsten von Immofonds.“ Tatsächlich warnen Experten davor, angesichts der guten Ergebnisse der vergangenen Jahre die Schwankungsbreite von Aktien zu unterschätzen.

 Sehr deutlich wenn auch nicht mehr so überwiegend wie noch 2021 wollen Stiftungen im laufenden Jahr wieder den Anteil nachhaltiger Investments im Depot steigern. Diese „Anlageorientierung“, der sich gefühlt jedes neue Produkt mehr oder minder stark verschreibt, wächst sich scheinbar zu einem Megatrend aus. Ende nicht in Sicht.    

Auch bei Anleihen setzen sich die langjährigen Trends eher fort. Der Anteil in den Depots stieg in den vergangenen Jahren zwar laut unseren Zahlen leicht an, aber das liegt wohl daran, dass viele Stiftungen, die zuvor nur in Cash „investiert“ waren, auf Anleihen umgestiegen sind. Dieser Effekt hat die Verlagerung von Anleiheninvestments zu Aktien, den es bei vielen anderen Stiftungen gegeben hat, wohl überkompensiert. Für 2022 wollen Stiftungen wieder Anleihen abbauen. Ob es dazu wirklich kommt, wird sich zeigen und wohl auch von der Zinswende in wichtigen Währungsräumen abhängen. Gut möglich, dass angesichts der Unsicherheit doch ganz anders kommt. Der Vorbehalt „Gegebenenfalls Anpassung im Rahmen der Russland-Ukraine-Krise“ gilt wohl derzeit für vieles.