Ausgabe 04/2019
Der allmähliche Fall der Zinssätze in neuerer Zeit erforderte eine gewisse Dauer, und er benötigte eine gewisse Niveauschwelle, um als vordringliches Problem im Bewusstsein der Geld anlegenden Zeitgenossen einen Logenplatz zu bekommen. Das geschah in einem ersten Schritt, als irgendwann nach der Finanzkrise „Niedrigzinsphase“ zum stehenden Begriff wurde.
Als dann auch noch Negativzinsen Karriere machten, schien die einst heile Welt der Zinsen vollends auf den unheilen Kopf gestellt – den heute viele Kritiker in den Zentralbanken als Chefideologen vermuten. Fallende Zinssätze werden deshalb gerne mit der Zeit seit der Finanzkrise in Verbindung gebracht. Handelt es sich dabei aber wirklich nur um ein Phänomen seit der Finanzkrise 2008? Die verfügbaren langfristigen Datenreihen sagen: nein. Zinssätze und Anleiherenditen bewegten sich in den entwickelten Ökonomien bereits seit Ende der 80er Jahre trendmäßig nach unten. Das gilt sowohl für Nominalzinsen wie auch – nach Berücksichtigung der Inflation – für Realzinsen, wobei der Rückgang bei Ersteren etwas stärker ausfiel als bei Letzteren.