Das (fast) vergessene 8. Weltwunder

Gastbeitrag von Frank Fischer, CEO & CIO der Shareholder Value Management AG und verantwortlich für den „Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen“

Über den Zinseszinseffekt, Investments in Qualitätsaktien und das „Beautiful Business“

Albert Einstein war ein kluger Kopf. Manche bezeichnen den deutschen Physiker gar als Genie, schließlich postulierte er schon 1916 die stimulierte Emission von Licht, trug durch seine Erfindungen der elektrodynamischen Lagerung und des elektrodynamischen Antriebs entscheidend zur Entwicklung des Kreiselkompasses bei, entwickelte eine Kühlmittelpumpe und erdachte mit dem „Katzenbuckelflügel“ ein Tragflächenprofil, bei dem er durch den Verzicht auf den Anstellwinkel den Luftwiderstand bei Flugzeugtragflächen verringerte. Ach ja, für die Begründung seiner Relativitätstheorie erhielt er im Jahr 1922 auch den Nobelpreis für Physik.

Kernelement 1: Der Zinseszinseffekt

Doch Einstein war auch ein Finanz-Genie. Schließlich erkannte er das „8. Weltwunder“. So bezeichnete er nämlich den Zinseszinseffekt. Die Begründung: Wird der Gewinn eines Unternehmens nicht in Form von Dividenden oder Aktienrückkäufen ausgeschüttet, sondern wieder in das Unternehmen investiert, steigt durch den Zinseszinseffekt der Unternehmensgewinn exponentiell an! Es ist also für Anleger attraktiv, ihr Kapital möglichst lange in einem Unternehmen zu belassen.

Diese Annahme ist auch Basis unserer Anlagephilosophie, die im Wesentlichen aus vier Kernelementen besteht: eine langfristige Anlage in gute Unternehmen, um den Zinseszinseffekt zu nutzen, Investitionen in Qualitätsunternehmen, um langfristig erfolgreich zu sein, einen Fokus auf Dividenden legen, um regelmäßige Ausschüttungen zu gewährleisten, und last but not least: strenge Nachhaltigkeitsregeln einzuhalten, um die Einhaltung der ESG-Grundsätze zu garantieren.   

Kernelement 2: Die Suche nach dem „Beautiful Business“

Um nochmal auf Einstein zurückzukommen. Er hatte mit dem Zinseszinseffekt (natürlich!) recht. Auch wir sind Verfechter dieses Effekts, der heute allzu oft vergessen wird. Doch lohnt sich das nicht bei jedem Unternehmen. Es müssen schon Qualitätsunternehmen sein, die langfristig am Markt agieren. Doch was verstehen wir unter einer „Wonderful Company“ mit einem „Beautiful Business“? Nach unserem Verständnis verfügen solche Qualitätsunternehmen über eine starke Marktposition und enorme Finanzkraft, sowie einen sogenannten „wirtschaftlichen Burggraben“. Dieser steht für strukturelle Wettbewerbsvorteile, die hohe Markteintrittsbarrieren für Wettbewerber setzen. Dadurch erzielen diese Unternehmen hohe und weiterhin wachsende Kapitalrenditen. Alphabet, die Muttergesellschaft von Google, ist ein solches Unternehmen. Oder auch das Schweizer Pharmaunternehmen Hoffmann-La Roche. Sie wachsen seit Jahren, sind hoch-innovativ und gleichzeitig sehr profitabel.

Aber auch andere Unternehmen, die vielleicht nicht so im Fokus stehen, fallen in diese Kategorie. So etwa Verisign. Das Unternehmen aus Reston in Virginia betreibt die Top-Level-Domains .com und .net sowie zwei der globalen Root-Nameserver. Darüber hinaus bietet es eine Unmenge an IT-Sicherheitsdienstleistungen für den Betrieb von Websites an. .com und .net sind die vorherrschenden Domains auf der Welt. Das ist schon fast so etwas wie die Lizenz Geld zu drucken.

Zu den Unternehmen mit einem „Beautiful Business“ zählt aber auch die Essener secunet Security Networks AG, die auf Lösungen rund um IT-Sicherheit, Kryptographie und E-Governance spezialisiert ist. Hier hat sich das Unternehmen mittlerweile eine starke Marktposition aufgebaut, in den Bereichen e-Health, Innere Sicherheit, Industrie, öffentliche Auftraggeber und Verteidigung. Und wie bei der Vorlage der jüngsten Zahlen deutlich wurde: Die Auftragsbücher sind bis zum Rand gefüllt.

Kernelement 3: Dividenden und Ausschüttungen, um den Stiftungszweck zu erfüllen

Doch viele Unternehmen mit einem „Beautiful Business“ reinvestieren fast alle ihre Mittel, um weiter zu wachsen. Das ist schön und gut, hilft aber Stiftungen nicht, um ihren Stiftungszweck zu erfüllen. Deshalb achten wir auch darauf, dass im „Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen“ eine gute Mischung aus diesen Wachstumstiteln, auf der anderen Seite aber auch Konzerne enthalten sind, die eine verlässliche Dividendenpolitik betreiben. Das ist gerade in den letzten Monaten nicht ganz einfach, da viele Unternehmen wegen der Corona-Krise ihre Dividenden gekürzt oder auch ganz gestrichen haben. Doch auch hier gibt es Unternehmen, die ihre Aktionäre weiterhin mit Ausschüttungen bedenken. Dazu gehört die Allianz, aber auch die Munich Re, oder Freenet, um nur einige zu nennen. Das kommt aber auch uns zugute, schließlich wollen wir Stiftungen mit regelmäßigen Ausschüttungen in die Lage versetzen, Ihre Stiftungszwecke zu erfüllen. So streben wir eine jährliche Ausschüttung von mindestens 3 Prozent an, die wir den Stiftungen in zwei Tranchen zu je rund 1,5 Prozent zukommen lassen. In Zeiten von Null-, bzw. Minuszinsen sehen wir dies als sehr attraktiv an.

Kernelement 4: Strenge Nachhaltigkeitsregeln

Und last but not least: Die Einhaltung von strengen Nachhaltigkeitsregeln. Nachhaltiges Investieren ist für institutionelle Investoren und Stiftungen ein absolut bestimmender Faktor bei ihren Investments. Der „Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen“ wurde schon mehrfach für seine strikte Nachhaltigkeitsausrichtung ausgezeichnet. Diesen Zielen fühlen wir uns verpflichtet. Zum einen haben wir einen eigenen Analysten, der die Einhaltung der Kriterien genau überwacht. Doch damit nicht genug: So überprüft das Nachhaltigkeitsratinghaus Sustainalytics bis ins Kleinste hinein das Anlageuniversum des Fonds. Deshalb investieren wir nicht in Unternehmen, denen kontroverse Geschäftspraktiken wie Korruption und Kinderarbeit nachgewiesen wurde. Aber auch die Bereiche Rüstung, Pornographie und Tabak sind ausgeschlossen, wie auch die Produzenten von Kohle, Fracking, Schiefer und Nuklearenergie, um nur einige Sektoren zu nennen. Und, um dem Ganzen noch einen für uns entscheidenden Punkt hinzuzufügen, orientieren sich unsere ESG-Kriterien ganz nach denen der Evangelischen Kirche. Dafür wurde der Fonds mit dem „FNG-Siegel mit Stern“ des Forums Nachhaltige Geldanlagen ausgezeichnet. Dabei wurde vor allem die institutionelle Glaubwürdigkeit herausgestellt, wie auch der hohe interne Beitrag zur SRI-Research-Qualität und die „besonders anspruchsvolle und umfassende Nachhaltigkeitsstrategie“. Eine Auszeichnung, die uns in unseren Bemühungen bestätigt.

Mit der Konzentration auf diese vier Kernelemente fühlen wir uns bei der Asset Allokation unseres Fonds sehr wohl und gut aufgestellt. Da können auch gelegentlich volatile Phasen an den Märkten unseren Zielen langfristig nichts anhaben.

Exkurs: War Einstein reich?

Übrigens: Wurde Albert Einstein mit der Einsicht, dass sich der Zinseszinseffekt auf Dauer lohnt, reich? Nun, er hatte ein Haus in Potsdam und ein Boot. Sein Vermögen wurde von den Nazis gepfändet, nachdem er 1933 nicht von einer Reise nach Princeton zurückkehrte. Doch Geld hatte Einstein auch nie wirklich interessiert. Er vermachte sein Anwesen und die Rechte an seinem Werken der Hebräischen Universität Jerusalem. Und die erzielte zuletzt mehr als 11 Millionen Euro pro Jahr damit. Nicht schlecht für jemanden, der schon seit mehr als 60 Jahre tot ist.