6 Thesen zum Fondsportfolio einer Stiftung

von Tobias Karow, t.karow@stiftungsmarktplatz.eu

Der Stifterwille findet Ausdruck im Stiftungszweck, in der Stiftungsorganisation und im Stiftungsvermögen. Stiftungsvermögen also „mal so a bisserl mitzumachen“, ist für Stiftungen demnach keine Option. Stiftungsvermögen ist Kernaufgabe, die sich heute, anno 2023, in einem Spannungsfeld zwischen neuen Unsicherheiten (Stichworte Zinscomeback und Geopolitik) und neuen Freiheitsgraden (Stichwort Stiftungsrechtsreform) bewegt. Sechs Thesen zu Stiftungsfonds & Co. geben vielleicht ein wenig Orientierung.

These 1: Da die Teuerungsrate bei zwischen 3 und 4% pendeln dürfte, mal über diesem Korridor, mal darunter, ist das alleinige Rückbesinnen auf Zinsanlagen aus Stiftungssicht keine Option. Angenommen die zehnjährige Bundesanleihe rentiert bei wieder 4% p.a., dann bleibt real praktisch keine Rendite übrig. An Aktien und Alternativen Anlagen kommen Stiftungen daher kaum vorbei, aber Diversifikation über Anlageklassen hinweg muss auch ergänzt werden um Diversifikation innerhalb der Anlageklassen.

These 2: Die Stiftungsrechtsreform baut thesaurierenden Fonds eine Brücke ins Fondsportfolio einer Stiftung. Diese Flexibilität ist einerseits schön, sie darf aber andererseits nicht zum „Messer ohne Klinge, dem der Griff fehlt“ werden. Neue Flexibilität im Stiftungsvermögen ist dazu da, um von den Stiftungsverantwortlichen genutzt zu werden.

These 3: Stiftungsvermögen wird nicht mehr ohne Alternative Anlagen auskommen. Schauen Sie sich mal an, was die jüngste NACUBO-Umfrage zutage förderte. Es ist Gang und Gebe, dass nordamerikanische Stiftungen Alternative Assets (=Alternative Anlagen) in ihren Stiftungsvermögen berücksichtigen. Hier geht es nicht darum, Immobilien-, Private Equity-, Agriculture Land- oder Real Estate Debt-Quoten zu definieren, sondern diese richtig zu bestücken.

These 4:
Für Income-Fonds sind die nächsten fünf Jahre vermutlich fünf richtig gute Jahre. Heißt: 4% Ausschüttung aufwärts, das geht, und das geht auch verlässlich. Dies kann als Baustein eine gute Basis sein für die Ausgabenseite, auf jeden Fall darf es von Stiftungen nicht ignoriert werden.

These 5:
Der Stiftungsfonds an sich wird an Bedeutung verlieren. Es wird ihn weiterhin geben, aber er wird klarer ausdrücken müssen, für welche Aufgabe er im Stiftungsvermögen bzw. im Fondsportfolio einer Stiftung steht. Das wird etliche „klassische“ Stiftungsfonds-Konzepte verändern – oder auch obsolet machen.

These 6: Die Anlagerichtlinie wird zum MUST HAVE. Bisher war es nice, eine Anlagerichtlinie zu haben, es war gut, wenn es eine gab, aber es war auch ‚wurscht‘ wenn es keine gab. Wenn nun die Business Judgement Rule den Rahmen für das tägliche Stiftungshandwerk vorgibt, dann ist die Anlagerichtlinie ein notwendiger Baustein, diesen Rahmen mit Leben zu füllen.

Wir fassen zusammen
Stiftungsvermögen braucht eine große Idee, dann gehen Stiftungsverantwortliche die kleinen Schritte spielend.

Tobias Karow ist Gründer und Geschäftsführer der Stiftungsexperten-Plattform www.stiftungsmarktplatz.eu und im Stiftungswesen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein seit 10 Jahren aktiv. Zur Plattform gehören u.a. der Blog #stiftungenstärken (www.stiftungenstärken.de) und die Fondsanlageplattform für Stiftungen, www.fondsfibel.de.