Wie aus Schrott Gewinne werden

Hans Peter Schupp, Vorstand der Fidecum AG und Portfoliomanager des Contrarian Value Euroland Fonds (ISIN: LU0370217092) über das Fondsinvestment Dérichebourg.
Was sagt Trump? Wie positioniert sich die EU? Was bedeutet das Merz‘sche ‚Whatever it takes‘ für Aktienmärkte und Zinsen?
In den letzten Wochen wurden Anlageentscheidungen nahezu stündlich mit Blick auf die Nachrichtenlage geändert. Für uns ist Politik nicht der entscheidende Faktor. Wir investieren in Unternehmen, die weitgehend unabhängig davon Erfolg versprechen – weil das Geschäftsmodell stimmt und die Bewertung günstig ist.
Ein aktuelles Beispiel ist das französische Familienunternehmen Dérichebourg (ISIN: FR0000053381). Anfang der 1950er Jahre fuhr der ehemalige Mechaniker Guy Dérichebourg noch mit seinem Kleintransporter den Großraum Paris ab, sammelte Schrott und entrümpelte Häuser. Mittlerweile ist daraus eine Recycling- und Servicefirma geworden, die 3,6 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet. Und sich noch immer zu 41 Prozent im Familienbesitz befindet.
Metallpreise sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor
Recycling ist ein zukunftsträchtiges Geschäft, das allerdings starken Ertragsschwankungen unterworfen ist. Die Unternehmen erzielen ihre Gewinne, indem sie wertvolle Rohstoffe aus Abfällen extrahieren und diese wiederverwerten. Deshalb sind die Metallpreise ein wesentlicher Einflussfaktor. Sind sie hoch, lohnt sich der Aufwand für Sortierung, Transport und Verarbeitung. Sinken sie unter ein bestimmtes Niveau, ist Recycling nicht mehr profitabel. Deshalb korreliert der Aktienkurs von Dérichebourg auch stark mit der Entwicklung der Metallpreise (siehe Grafik unten).
Die Entwicklung der Metallpreise zu prognostizieren ist zwar ein schwieriges Unterfangen. Langfristig gibt es aber gute Gründe, von einem steigenden Preistrend auszugehen. Der Trend zu Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit, der Rohstoffhunger beim Umstieg auf Erneuerbare Energien, strengere Regulierungen bei neuen Genehmigungen für den Rohstoffabbau, der sinkende Rohstoffgehalt in Minen sowie die Furcht vor Engpässen aufgrund von geopolitischen Spannungen und Handelsbeschränkungen deuten eher auf eine steigende Rohstoffnachfrage und entsprechend höhere Preise hin. Recycling dürfte vor diesem Hintergrund grundsätzlich ein vielversprechendes, wenngleich zyklisches Marktsegment bleiben.
Diversifikation reduziert Abhängigkeit
Besonders spannend finden wir als Investoren, wie Dérichebourg seit einiger Zeit die Abhängigkeit von der Entwicklung der Metallpreise reduziert. Seit 2007 diversifiziert das Unternehmen schon sukzessive seine Geschäftsaktivitäten. Zum Beispiel wurde eine Facility-Management-Gesellschaft übernommen, die auch Reinigungs-, Sicherheits- und Industrieservices anbot. Dieses Standbein wurde 2020 durch eine 20-prozentige-Beteiligung an der börsennotierten Catering Fima Elior SA (ISIN: FR0011950732) weiter ausgebaut. Im Jahr 2023 brachte Dérichebourg dann seine eigenen Serviceaktivitäten mit Privatkunden in die Elior Group ein, wodurch sich der Anteil auf 48,4 Prozent erhöhte.
Aus unserer Sicht war das ein kluger Schachzug. Die Elior Group befand sich damals in einer schwierigen Lage. Die Pandemie hatte das Unternehmen hart getroffen, da die Nachfrage nach Catering- und Facility-Management-Diensten in vielen Bereichen stark zurückgegangen war. Gleichzeitig konnte Elior die inflationsbedingten Kostensteigerungen nicht vollständig an die Kunden weitergeben. Und nicht zuletzt schränkte die hohe Verschuldung die finanzielle Flexibilität des Unternehmens erheblich ein.
In dieser Situation übernahm Daniel Dérichebourg die Position des Chairman und CEO von Elior. Unter seiner Führung wurden unrentable Verträge gekündigt, die Preise angepasst und Maßnahmen zur Kostenoptimierung umgesetzt. Dadurch scheint der Turnaround der Elior Gruppe eingeleitet. Im kommenden Jahr sollte bei einem Umsatz von mehr als sechs Milliarden Euro bei Eliot wieder ein positives Ergebnis erzielt werden.
Dreifache Chance für Anleger
Heute ist ein Engagement in der Dérichebourg-Aktie aus drei Gründen interessant.
Erstens ist die Firma sehr günstig bewertet. Der Börsenwert liegt aktuell bei 935 Millionen Euro. Im herausfordernden Geschäftsjahr 2023/24 wurde ein Jahresüberschuss von 75 Millionen Euro erzielt. Dieses Ergebnis beinhaltete allerdings eine Belastung in Höhe von 15 Millionen im Zusammenhang mit einem Cyberangriff sowie einen Verlust von 20 Millionen Euro aus der Beteiligung an der Elior Group. Für das kommende Geschäftsjahr wird schon wieder ein Jahresüberschuss von 160 Millionen Euro prognostiziert. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) läge dann unter 6.
Zweitens würde Dérichebourg von einem nachhaltigen Turn-Around bei der Elior-Gruppe profitieren. Aufgrund der Schwierigkeiten in der Vergangenheit notiert der Aktienkurs der Elior-Gruppe derzeit nahe des Allzeittiefs. Der Börsenwert beträgt gerade noch 685 Millionen Euro – das sind nur rund zehn Prozent des Umsatzes. Selbst auf diesem niedrigen Niveau ist die Elior-Beteiligung von Dérichebourg aber immerhin noch 340 Millionen wert. Gelingt die Ertragswende, würde der Wert der Beteiligung wahrscheinlich deutlich steigen.
Und drittens könnte Dérichebourg perspektivisch eine Neubewertung an der Börse erfahren. In einer Unternehmensgruppe mit zwei starken Standbeinen wird die Abhängigkeit von der Metallpreisentwicklung reduziert. Der Gewinntrend sollte sich verstetigen und ein höheres Kurs-Gewinn-Verhältnis rechtfertigen. Wir sind investiert und wollen das Unternehmen noch lange auf seinem Weg begleiten.
Unser Investment Ansatz
Bei unserem Contrarian Value Euroland Fonds (ISIN: LU0370217092) bleiben wir seit 25 Jahren unserer Anlagephilosophie treu, in unterbewertete Firmen mit Potenzial und nachvollziehbarem Geschäftsmodell zu investieren. Dabei agieren wir wie ein Unternehmer, der die gesamte Firma kaufen möchte und stellen uns – wenn nötig – bewusst gegen die herrschende Marktmeinung.
