Eine andere Art des Ausverkaufs

Von Michael Thaler, Vorstand der TOP Vermögen AG

Eine andere Art des Ausverkaufs

Covestro, Commerzbank, DB Schenker, Leoni – deutsche Unternehmen geraten zunehmend in den Fokus ausländischer Konzerne. Allein die Ankündigung einer möglichen Übernahme führt meist zu deutlichen Kursaufschlägen beim Übernahmeziel. Doch dieses Mal dominieren nicht die Finanzinvestoren mit ihren aggressiven Preisen.

Im deutschen Leitindex DAX stehen aktuell zwei Unternehmen im Fokus von Käufern. Der Ölkonzern Adnoc aus den Vereinigten Emiraten hat ein Angebot für das Kunststoffunternehmen Covestro (ISIN DE0006062144) abgegeben. Die italienische Großbank UniCredit (ISIN IT0005239360) schickt sich an, den deutschen Konkurrenten Commerzbank (ISIN DE000CBK1001) zu schlucken.

Auch in der zweiten und dritten Reihe sind strategische Investoren aktiv. So hat der Technologiekonzern Fujitsu (ISIN JP3818000006) zuletzt die GK Software AG (ISIN DE0007571424) übernommen.

Das zeigt, dass deutsche Blue-Chip-Unternehmen für Käufer von Interesse sein können. Dies liegt sicherlich an der vergleichsweise günstigen Bewertung deutscher Unternehmen im internationalen Vergleich. Hier spielen die herausfordernden Rahmenbedingungen und die schwache Wirtschaftsentwicklung in Deutschland eine Rolle.

Strategische Investoren übernehmen die Kontrolle

Zu beobachten ist, dass vor allem strategische Investoren mit einem langfristigen Fokus das Potenzial sehen, ihre Geschäftsfelder zu erweitern oder zu ergänzen. Lange Zeit waren deutsche Unternehmen vor allem im Fokus von Private-Equity-Unternehmen. Doch bei diesen scheint die verfügbare Liquidität zunehmend abzuflauen. So war das der Private-Equity-Investor CVC an der Bahn-Tochter DB Schenker interessiert. Das Angebot war jedoch dem des dänischen Logistikwettbewerbers DSV (ISIN DK0060079531) finanziell unterlegen.

Finanzinvestoren zahlen höhere Prämien

Für Aktionäre ist die zunehmende Zurückhaltung von Private-Equity-Investoren bedauerlich. Die Finanzinvestoren benötigen in der Regel für die Finanzierung ihrer Übernahmen die vollen Durchgriffsrechte beim Zielunternehmen. Darum müssen sie zumeist relativ schnell 75,1 Prozent der Aktienanteile erwerben. Das lassen sich Aktionäre im Regelfall durch hohe Prämien vergüten. Strategische Investoren sind darauf in der Regel weniger angewiesen, sodass die Übernahmeprämien tendenziell kleiner ausfallen.

So ist etwa bei der Covestro-Übernahme davon auszugehen, dass Adnoc sehr viel Zeit für den Kauf der Anteile hat. Zunächst ist nur angestrebt, 50 Prozent plus eine Aktie zu erwerben. Damit sollten sich die Kursaufschläge in Grenzen halten. Die UniCredit hat signalisiert, dass die Bank zunächst nur Interesse hat, bis zu 29,9 Prozent an der Commerzbank zu erwerben. Dies könnte erst zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Übernahmeangebot führen.

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