Die trügerische Stärke Europas

Von Stephan Albrech, Albrech & Cie Vermögensverwaltung AG

Die Aktienmärkte in Europa sind in den ersten Wochen des Jahres durchgestartet. Vor allem der DAX kannte kein Halten. Dagegen stecken US-Aktien seit Dezember in einer Korrektur. Manche Anleger fragen sich nun, ob sie stärker oder sogar ausschließlich auf dem Alten Kontinent investieren sollten. Davon würden wir aus drei guten Gründen abraten.

So verständlich die Überlegungen vieler Anleger sind, jetzt (deutlich) mehr in Europa zu investieren, so sehr könnte das Ihrem dauerhaften Anlageerfolg schaden

1) Wirtschaft und Kapitalmärkte

Langfristig sind die Renditen in den USA deutlich höher als in Europa. Dies liegt am wirtschaftsfreundlicheren Klima und an der Größe des US-Kapitalmarkts. Erfolgreiche Unternehmen, die über Aktien oder Anleihen im großen Stil Geld aufnehmen wollen, kommen an Amerika einfach nicht vorbei. Hinzu kommt: In 15 der letzten 25 Jahre schnitt der S&P 500-Index besser ab als der Stoxx 600 Europe. Wer nur in Europa investiert hätte, hätte also viel Geld liegen gelassen.

2) Investoren treiben Preise hoch

Dass die wichtigen europäischen Aktienindizes aktuell dennoch so stark sind, hat einen Grund, der sich in einiger Zeit erledigt haben könnte. Angesichts des relativ teuren US-Marktes und des starken Dollars bot sich für US-Anleger eine Shopping-Tour bei den günstigen Europa-Aktien regelrecht an.

Die Hoffnung auf eine Friedensdividende nach dem Ende des Ukraine-Krieges und auf eine wirtschaftliche Erholung Deutschlands durch niedrigere Energiepreise nach der Bundestagswahl trugen dazu bei. Eine dauerhafte Outperformance der europäischen Indizes ist aber unwahrscheinlich.

3) Unternehmen trotzen dem Gegenwind

Was angesichts des Kursfeuerwerks in Europa übersehen wird, ist, dass sich die US-Aktienmärkte trotz einigen Gegenwinds gut halten. Ambitionierte Aktienbewertungen, ein starker Dollar, ein hohes Zinsniveau, zähe Inflationswerte und geringe Aussichten auf Zinssenkungen durch die Notenbank machen es den Unternehmen schwer. Nicht zuletzt müssen sie mit politischen Unwägbarkeiten wie der Zollpolitik von US-Präsident Trump zurechtkommen. Unseres Erachtens operieren US-Unternehmen in diesem schwierigen Umfeld erfolgreich und können ihre Gewinne zuverlässig steigern.

Euro-Anleger brauchen die USA

Die zeitweilige Stärke der europäischen Aktien ändert nichts an unserer Haltung: US-Aktien sollten in den Depots einen wesentlichen Anteil ausmachen. Eine Richtschnur könnte sein, dass US-Aktien in sechs von zehn Jahren besser laufen als europäische Werte. Ein Verhältnis von 60 Prozent zu 40 Prozent zugunsten der USA könnte daher angemessen sein. Diese Quote könnte man dann je nach Bedarf und Jahr leicht anpassen, etwa auf 50 zu 50 oder 70 zu 30.

Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Ihren Meinungen und Online-Anlagestrategien finden Sie auf https://www.v-check.de/