Das Kaleidoskop der Infrastruktur

Klaus Weber ist seit der Gründung der PATRIZIA GrundInvest im Jahr 2015 an Bord. Bis zu seiner Berufung in die Geschäftsführung im März 2024 leitete er den Vertrieb.

Infrastruktur ist alles, was wir zum Leben und Wirtschaften brauchen. Da sich unsere Gesellschaft im steten Wandel befindet, entstehen neue Spielarten von Infrastruktur.

Von Klaus Weber, Geschäftsführer, PATRIZIA GrundInvest

Das Thema Infrastruktur ist derzeit in aller Munde. In der öffentlichen und politischen Diskussion geht es dabei meist um sanierungsbedürftige und ausbaufähige Verkehrsinfrastruktur, vor allem Straßen, Schienen und Wasserwege, aber durchaus auch um soziale Infrastruktur. Investoren wiederum denken zuerst an Investments in erneuerbare Energien oder große Einzel-Assets wie Flughäfen oder Häfen.

Beides ist richtig – und greift doch noch immer viel zu kurz. Infrastruktur ist alles, was wir zum Leben und Wirtschaften brauchen. Und da sich unsere Gesellschaft in einem steten Wandel befindet, gilt das auch für die Anforderungen an und die möglichen neuen Spielarten von Infrastruktur.

Diese Veränderungen manifestieren sich in vier sogenannten Megatrends: Digitaler Wandel, urbaner Wandel, Energiewende und die Veränderung der Lebensgewohnheiten prägen die Entwicklung des Sektors.

Vor allem der digitale Wandel führt dazu, dass sich ganz neue Infrastruktur-Geschäftsmodelle herausbilden – und damit auch Investitionschancen. Die Frage ist, wie Investoren möglichst konkret und frühzeitig solche neuen Infrastrukturtrends aufgreifen und umsetzen können.

Zu den essenziellen Bausteinen einer modernen Wirtschaft und Gesellschaft gehören neben Energieversorgung und Verkehrswegen eben auch ein verlässliches Wassermanagement, Glasfasernetze und Dateninfrastrukturen, Stadtbeleuchtung und Mobilfunknetze, Müllentsorgung und zukünftig vermehrt auch eine Wasserstoffinfrastruktur.

Digitale Infrastruktur – unsichtbare Infrastruktur unter und über der Stadt

Rechenzentren und Glasfasernetze bilden das Rückgrat der modernen Kommunikation und ermöglichen die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Für Cloud-Computing und Streamingdienste, KI-Anwendungen und Industrie 4.0 sind ausreichende Kapazitäten unabdingbare Voraussetzungen. Urbanisierung und technologischer Fortschritt treiben den Ausbau digitaler Infrastruktur voran. Unter unseren Städten erstreckt sich bereits jetzt eine „unsichtbare Infrastruktur“ aus Datenleitungen, Rechnern, IoT(Internet of Things)-Geräten und -Software, die Verkehrssteuerung, Energieeffizienz und Echtzeit-Datenverarbeitung ermöglichen.

Doch nicht nur unter, auch über den Städten – und auch in der breiten Fläche – wird die Netzabdeckung mit Mobilfunkmasten immer dichter. Verantwortlich hierfür sind in erster Linie die Mobilfunkbetreiber, doch auch die benötigen dafür Standorte hauptsächlich in Form von Türmen und Masten, die ihnen spezialisierte Anbieter zur Verfügung stellen. Der führende Anbieter in den USA zum Beispiel, American Tower, zählt mit seiner Marktkapitalisierung zu den weltweit wertvollsten börsennotierten „Immobilienunternehmen“ (REITs) überhaupt – ganz nebenbei ein schönes Beispiel dafür, wie die Grenze zwischen den Assetklassen Immobilien und Infrastruktur („RE-Infra“) immer mehr verwischt. Das europäische Pendant, Vantage Towers, ist nach kurzer Zeit 2023 wieder von der Börse genommen worden und seither wieder in Private-Equity-Hand.

Intelligente Stadtbeleuchtung – Energieeffizienz und Kostenersparnis

Zur essenziellen Infrastruktur zählen freilich auch sehr gut sichtbare Elemente in unseren Städten – die für uns jedoch so selbstverständlich sind, dass sie erst auffallen, wenn sie mal ausfallen. Straßenbeleuchtung zum Beispiel. Auf den ersten Blick mag das banal klingen, aber die technologischen Umwälzungen hierbei sind alles andere als das. Die Straßenbeleuchtung in Europa verursacht erhebliche Energiekosten, die durch intelligente LED-Technologien um bis zu 80 Prozent gesenkt werden können. Moderne Smart-Lighting-Systeme passen sich in Echtzeit an das Verkehrsaufkommen an und helfen Städten, Energie zu sparen und unnötige „Lichtverschmutzung“ zu reduzieren.

Auch Wasser wird in vielen Weltgegenden zunehmend zu einem knappen Gut. Gleichzeitig sind Wasserverluste durch alte und undichte Leitungsnetze vielerorts ein wachsendes Problem – gerade auch in Industrieländern wie Großbritannien, wo jährlich etwa eine Billion Liter Wasser aufgrund undichter Leitungen versickern. Der Einsatz intelligenter Wassernetze mit Sensoren und KI hilft, Lecks frühzeitig zu erkennen und Wasserverluste zu minimieren.

Nachhaltige Energieversorgung – mehr als „nur“ Erneuerbare

Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien – allen voran Windenergie und Photovoltaik – sind schon jetzt und werden in Zukunft noch vielmehr ein Rückgrat der Energieversorgung. Aber das allein wird nicht reichen. Andere Erzeugungsarten wie Biomasse, Geothermie oder auch Energiegewinnung aus Müll werden ebenfalls benötigt und haben noch Spielraum für weiteren Ausbau und technologische Weiterentwicklung. Eine Schlüsselrolle kommt den Übertragungsnetzen und vor allem den Speichertechnologien zu, um die Stromversorgung aus Erneuerbaren grundlastfähig zu machen.

Nachhaltige Kraftstoffe werden auf absehbare Zeit für Verkehrsträger benötigt, die sich bislang nicht ohne Weiteres elektrifizieren lassen, wie den Luftverkehr. Und auch der Kraftfahrzeugbestand wird nicht von heute auf morgen komplett auf Elektromobilität umgestellt werden können und benötigt Alternativen als Brücke zwischen fossilen Brennstoffen und Elektrifizierung. Dasselbe gilt für Wasserstoff, der zudem eine strategische Ressource zur Energiespeicherung und zur Dekarbonisierung der Industrie darstellt. Die dafür benötigte Infrastruktur steckt aber noch in den Kinderschuhen.

Allein diese Beispiele zeigen, wie vielfältig das Thema Infrastruktur schon jetzt und erst recht in Zukunft sein wird. Hinter all diesen Ansätzen verbergen sich künftige Geschäftsmodelle und Investitionschancen, die für Investoren langfristig weitgehend stabile Cashflows generieren können. Häufig geht es dabei aber gar nicht um konkrete Einzel-Assets, sondern die dahinterstehenden Innovationen oder um den Betreiber mitsamt seinem Portfolio. Für Investoren ist die gesamte Bandbreite an Möglichkeiten daher in der Regel schwer zugänglich. Hier bietet der vor Kurzem neu geregelte „European Long-Term Investment Fund“ (ELTIF) auch Anlegern mit kleinerem Gesamtportfolio die Möglichkeit, mit einem Produkt sowohl in direkte Assets als auch in Unternehmen und sogar in andere Fonds von Infrastrukturspezialisten zu investieren.